Henning Mankell starb im Alter von 67 Jahren. Foto: AP

Sein schwermütig-grüblerischer Polizei-Kommissar Kurt Wallander wird bleiben, seine gesellschaftskritisch eingefärbten Krimis und sein Engagement für Afrika auch. Der schwedische Bestsellerautor Henning Mankell ist an diesem Montag im Alter von 67 Jahren einem Krebsleiden erlegen.

Stuttgart - Alles beginnt an einem nasskalten Dezembermorgen auf der Landstraße zwischen Kungsbacka und Vallåkra. Der Mann am Steuer denkt über Shakespeare und Afrika nach. Die Wolken hängen tief, doch er freut sich auf den Tag, ist voller Erwartungen. Dann aber überholt er nördlich von Laholm einen Lastwagen, kommt ins Schleudern, kracht frontal gegen eine Leitplanke – und bald schon wird sein Leben nicht mehr so sein, wie es war.

„Ohne genau sagen zu können, warum, datiere ich den Beginn meiner Krebserkrankung auf ebendiesen Tag, den 16. Dezember 2013“, schreibt Henning Mankell in dem Buch „Treibsand“ und erzählt davon, wie ihn die Schmerzen, die er nach dem Unfall hatte, dazu nötigten, zu einem Arzt zu gehen, der schließlich im Januar 2014 Krebs diagnostizierte. Ein Krebsleiden, dem der schwedische Bestsellerautor nun erlegen ist. Er starb am Montag in Göteborg. Er wurde 67 Jahre alt.

Henning Mankells letztes Buch sollte sein persönlichstes werden. Kein Krimi, kein neuer Fall für Kommissar Kurt Wallander, sondern ein Buch über das Leben mit dem Krebs. „Kein Buch über Tod und Verfall, sondern darüber, was es heißt, ein Mensch zu sein“ sollte es werden, en Buch über die Freude am Leben. Das Buch „Treibsand“, das eine Woche vor Mankells Tod auf Deutsch erschien, ist sein Vermächtnis.

Krimis, die sich in politische Debatten einmischen

Mankell kam 1948 in Stockholm zur Welt. Mit 15 ging er zur Handelsmarine, reiste durch die Welt. Nach eineinhalb aufregenden Jahren im Paris der 1960er Jahre kam er als Regieassistent zurück nach Stockholm. Sein erster Roman erschien 1979. Weltberühmt wurde er aber erst in den 1990er Jahren mit seinen Wallander-Krimis. 1991 erschien mit „Mörder ohne Gesicht“ der erste – ein Thriller, in dem es nicht nur um die Jagd nach einem Mörder geht, sondern auch um die schwedische Einwanderungspolitik. Es sollte das Markenzeichen von Mankells Krimis werden, dass er sich mit ihnen immer wieder in politische und gesellschaftliche Debatten einmischte.

Die zum Teil mehrfach verfilmten Wallander-Krimis waren von einem schwermütigen Ton bestimmt, den ihnen ihr zerknautschter, etwas eigenartiger, eigenbrötlerischer und von Lebenskrisen gezeichneter Held vorgab. Mankell machte diesen einsamen Mann zum Alkoholiker, zum Diabetiker und ließ ihn im elften Band („Der Feind im Schatten“) schließlich an Alzheimer erkranken. Inspiration für Kurt Wallander war Kommissar Martin Beck, der Held der „Roman über ein Verbrechen“-Reihe (1965–1975) des schwedischen Erfolgsduos Sjöwall/Wahlöö.

Mankell schrieb auch Kinderbücher und „Tatort“-Drehbücher

Dass sein Name stets mit Wallender verbunden war, gefiel Mankell allerdings nicht: „Kurt Wallander und ich gleichen uns nur in drei Punkten: Wir sind ungefähr gleich alt, lieben beide die italienische Oper und verbringen unglaublich viel Zeit mit unserer Arbeit“, sagte er der Journalistin Kirsten Jacobsen: „Abgesehen davon sind wir sehr unterschiedlich. Ich glaube nicht einmal, dass wir, wenn er tatsächlich existieren würde, Freunde wären, Ich wäre jedenfalls lieber mit Sherlock Holmes befreundet.“

Henning Mankell, der in dritter Ehe mit Eva Bergman, der Tochter des schwedischen Filmregisseurs Ingmar Bergman, verheiratet war und dessen Romane sich weltweit rund vierzig Millionen Mal verkauft haben, war tatsächlich viel mehr als nur Wallander. Er schrieb zahlreiche weitere Romane, Dramen, Kinderbücher und Drehbücher – zum Beispiel für zwei Kieler „Tatort“-Episoden mit Axel Milberg als Borowski. Und er engagierte sich – auch als Theatermacher – seit vielen Jahren für Afrika, lebte zeitweise in Maputo in Mosambik.

Es schneit in Stockholm, als Henning Mankell am 8. Januar erfährt, dass er einen Krebstumor in der linken Lunge und eine Metastase im Nacken hat. „Als wir hinterher draußen in der Winterkälte auf ein Taxi warteten, sprachen wir nicht viel“, schreibt er in „Treibsand“, „aber ich sah ein kleines Mädchen, das voller Energie und Freude im Schnee auf und ab hüpfte. Ich sah mich selbst als Kind im Schnee hüpfen. Jetzt war ich fünfundsechzig Jahre alt und an Krebs erkrankt. Ich hüpfte nicht.“