Auch als Trainer von Frisch Auf Göppingen erfolgreich: Bernhard Kempa (neben Horst Singer/li.). Foto: Baumann

Er feierte im Handball als Spieler und Trainer große Erfolge, genauso im Tennis. Doch unsterblich machte Bernhard Kempa das nach ihm benannte Kabinettstückchen. Am Donnerstag ist er im Alter von 96 Jahren verstorben.

Göppingen - Die Besuche vor den runden Geburtstagen im schmucken Eigenheim in Bad Boll bleiben in bester Erinnerung. Die Kaffeetafel von Ehefrau Marianne liebevoll gedeckt, die Gespräche stets angenehm und erhellend. Als die Rede auf den Geniestreich kam, der ihn berühmt machte, gab es für Bernhard Kempa meist kein Halten mehr: Auch im hohen Alter, lange Zeit noch strotzend vor Lebenskraft, erhob er sich von seinem Sofa und machte ihn vor – den Kempa-Trick. Ein Anspieler hebt den Ball über die Abwehr, sein Mitspieler springt möglichst hoch in den Wurfkreis, fängt den Ball noch im Flug und wirft ihn, bevor er mit den Beinen wieder am Boden aufkommt, aufs Tor. Premiere feierte das handballerische Kabinettstückchen am 24. März 1954 bei einem inoffiziellen Länderspiel zwischen Deutschland und der Schweiz in der Karlsruher Schwarzwaldhalle.

Der Trick macht ihn unsterblich

Das Herz des Erfinders hat am Donnerstag aufgehört zu schlagen. Bernhard Kempa ist im Alter von 96 Jahren nach längerer Krankheit gestorben. Dies bestätigte Frisch-Auf-Präsident Thomas Lander.

Die Handballkollektion eines Sportartikelherstellers trägt seinen Namen. Doch der Trick macht ihn unsterblich. Bernhard Kempa gewann mit Frisch Auf Göppingen als Spieler und Trainer zahlreiche nationale Titel und den Europapokal. Er wurde mit Deutschland zweimal Weltmeister im Feldhandball.

Dieser Künstler für die besonderen Momente hätte Welthandballer und Welttrainer sein müssen, doch diese Auszeichnungen sind erst weit nach seiner Zeit geschaffen worden. „Der Tod von Bernhard Kempa ist ein tragischer Verlust, eine Legende ist von uns gegangen. Er bleibt ein Idol für Generationen“, würdigt Präsident Lander den größten Sportler, den sein Verein Frisch Auf hervorbrachte.

Ehrungen wurden Kempa zahlreich zuteil: Er bekam das Bundesverdienstkreuz, die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, zweimal das Silberne Lorbeerblatt, 2011 wurde er in die „Hall of Fame“ des deutschen Sports aufgenommen. Dies stellte ihn in eine Reihe mit Franz Beckenbauer, Rosi Mittermaier, Josef Neckermann, Max Schmeling, Uwe Seeler und Fritz Walter. Das Forum erinnert an Menschen, die durch ihren Erfolg im Wettkampf und durch ihren Einsatz für die Ideen des Sports Geschichte geschrieben haben.

Zwar sammelte das sportliche Multitalent, das nach dem Krieg und der Flucht aus Oberschlesien fast Fußballer beim TSV 1860 München geworden wäre, im Senioren-Tennis ebenfalls drei Welt- und 41 Europameister-Titel, doch berühmt machte ihn der Handball. „Der Name von Monsieur Handball ist in unseren Hallen noch immer bestens bekannt“, sagt Bernhard Bauer, der HVW-Ehrenpräsident und frühere DHB-Chef. „Der deutsche Handball verdankt dem Spieler und Trainer Bernhard Kempa unglaublich viel.“ Noch heute klatschen und jubeln die Zuschauer, wenn die Mannschaften Tore per Kempa-Trick erzielen.

Kempa gefiel die Leichtigkeit des Spiels

Und Kempa freute es ganz besonders, dass auch sein Verein Frisch Auf Göppingen dieses technisch anspruchsvolle Element für Handball-Ästheten bei den Bundesligaspielen wieder verstärkt im Repertoire hat. Die Rückraumspieler Zarko Sesum oder Daniel Fontaine auf Linksaußen Marcel Schiller oder Rechtsaußen Anton Halen – Tor. Schon ein paarmal klappte dieses Zusammenspiel. „Mir gefällt diese Leichtigkeit, diese Lust am Spiel“, sagte Kempa immer. Sie kam ihm im kampfbetonten Hochgeschwindigkeitshandball der heutigen Zeit zu kurz. „Die ruppigen Aktionen erinnern mich an Rugby. Ich mache oft die Augen zu, wie rücksichtslos gegen sich selbst sich die Spieler in die Abwehr stürzen“, kritisierte er.

In der vergangenen Saison konnte er sich davon bei den Frisch-Auf-Spielen in der Göppinger EWS-Arena kein Bild mehr davon machen. Das Alter forderte seinen Tribut, er litt an Diabetes. Wenn es ihm möglich war, schaute Monsieur Handball die Spiele vom Wohnzimmersofa aus in Bad Boll im Fernsehen an. Seiner Freude über Tore nach einem Kempa-Trick tat das keinen Abbruch.