An Kaufkraft mangelt es nicht im Land – doch nicht alle nehmen an dieser Entwicklung teil. Foto: dpa

Ein neuer Bericht der Landesregierung zeigt auf, wie sich der Südwesten verändert: wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch.

Stuttgart - Was haben Lärmbelastung, Frauen im Gemeinderat und Waldzustand miteinander zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts. Betrachtet man sie aber mit der Brille der „Nachhaltigkeit“, passen sie sehr wohl in eine Schublade. Nachhaltigkeit, dieses Allerweltswort bedeutet im Grunde, dass die Menschen mit sich und der Natur so umgehen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Die Wirtschaft ist also genauso gemeint wie die sozialen Beziehungen und die Umwelt. Was dies jedoch ganz konkret für Baden-Württemberg bedeutet, lässt sich jetzt aus einem Bericht der Landesregierung herauslesen.

Genau 53 Indikatoren hat die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) dafür untersucht, um damit die großen Linien im Südwesten nachzuzeichnen. Der tägliche Anstieg der Siedlungsfläche gehört genauso dazu wie die Energieproduktivität, das Bruttoinlandsprodukt ebenso wie der Waldzustand. Natürlich wurden auch gesellschaftliche Faktoren wie die Kindertagesbetreuung und die Sterblichkeit, die Arztversorgung und das Wahlverhalten betrachtet und mit grünen (positiv), gelben (noch nicht am Ziel) und roten Punkten (negativ) bewertet.

Wirtschaft und Rohstoffe

Danach läuft es im Südwesten auf vielen Feldern schon gar nicht so schlecht. So wurden zum Beispiel die Wirtschaftsentwicklung vom Rohstoffverbrauch entkoppelt. Soll heißen: Rohstoffe werden immer effizienter genutzt, die wirtschaftliche Leistung wird mit einem geringeren Materialaufwand erbracht. Eine gelben Button vergeben die Fachleute auf dem Sektor der häuslichen Abfälle: Die Müllmenge blieb in den letzten Jahren ziemlich konstant. Noch nicht zufrieden können die Baden-Württemberger auch mit dem Flächenverbrauch sein: Im Jahr 2015 wurde täglich (!) eine Fläche von 5,2 Hektar verbaut – das sind mehr als sieben Fußballplätze.

Die rote Warnlampe lassen die Experten bei der Temperaturentwicklung aufleuchten. So war das Jahr 2014 mit einer Mitteltemperatur von 10,1 Grad Celsius das bisher wärmste in Baden-Württemberg, gefolgt vom Jahr 2015 mit einer Mitteltemperatur von 9,9 Grad. Damit lagen beide Werte deutlich über dem Wert von 8,1 Grad der offiziellen Klimanormalperiode von 1961 bis 1990. Wenn es nicht gelinge, die Emissionen der Treibhausgase zu reduzieren, werde die Jahresmitteltemperatur noch mehr ansteigen, sagen die LUBW-Experten voraus. Dies ist allerdings eine weltweite Entwicklung – ein vergleichsweise kleines Land wie Baden-Württemberg sitzt da an einem sehr kurzen Hebel.

Die Menschen sind wahlmüde

Auch gesellschaftlich läuft vieles alles Andere als nachhaltig. So geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Als negativ wird auch bewertet, dass sich immer weniger Menschen an Gemeinderats- und Kreistagswahlen beteiligen: zuletzt (2014) weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten. Eine hohe Wahlbeteiligung sei aber wünschenswert, weil sie ein Zeichen für Demokratiebewusstsein sei und der Legitimation der Gewählten und des demokratischen Staates diene.

Und was folgt nun aus den mehr als 120 Seiten Fleißarbeit? „Der neue Bericht zeigt, wie sich unser Land entwickelt und wo wir nachsteuern müssen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Vor zwei Jahren hatte die LUBW den ersten Bericht dieser Art vorgelegt. 2018 soll der nächste folgen.