Nachhaltigkeit und Energieeffizienz spielt bei den Filialen der Discounter eine immer größere Rolle. Foto: Mierendorf

Die großen Lebensmitteldiscounter Lidl und Aldi setzen beim Bau neuer Filialen verstärkt auf ökologische Konzepte. Dadurch kann Heizenergie gespart und der CO 2 -Ausstoß gesenkt werden.

Stuttgart - Lokaltermin in Möhringen. Thomas Ertl zeigt stolz auf das Schild am Eingang eines Supermarktes. Dort prangt das DGNB- Label in Silber. 'Unser Unternehmen war das erste Handelsunternehmen in Deutschland, das von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, kurz DGNB, die Bau-Masterplan-Zertifizierung für eine Filiale erhalten hat', freut sich der Immobilienleiter der Lidl Vertriebsgesellschaft. Der Masterplan regelt die baulichen Details der neuen Filialgeneration. Ein charakteristisches Merkmal der Filialen: das Pultdach mit der silbernen Außenhaut. Das Herzstück dieses neuen Filialtyps ist aber das optimierte Wärmesystem.

'Wir können mit dieser Technik den Heizenergieverbrauch jeder Filiale um 100 MWh pro Jahr reduzieren', erklärt Thomas Ertl. Umgerechnet entspreche das etwa dem Jahresverbrauch von acht Einfamilienhäusern. Und auch bei der CO 2 -Bilanz könne der neue Filialtyp punkten: Jede dieser so gebauten Filialen habe einen um 55 Tonnen geringeren CO 2 -Ausstoß. Das entspreche etwa dem Jahresausstoß von 30 Pkws, so Ertl. Möglich wird das dadurch, dass die Filialen die Abwärme aus den Kühlregalen, die bislang ungenutzt an die Umgebungsluft abgegeben wurde, zum Wärmen oder Klimatisieren der Räume nutzen. Das System soll so effizient sein, dass damit eine komplette Filiale geheizt werden kann und eine herkömmliche Öl- oder Gasheizung nicht mehr erforderlich sei. Gesteuert wird dieser Kälte-Wärme-Verbund über eine sogenannte Integralanlage.

Lidl ist einer der großen Immobilienbetreiber

'Wir müssen da hinauf, wenn Sie sich das ansehen wollen', zeigt Thomas Ertl auf einen großen, blauen Aufbau in der Größe eines mittleren Geräteschuppens auf dem Dach des Lidl-Marktes. Im Inneren der Integralanlage befindet sich ein separater Kreislauf des natürlichen Kältemittels Propan, so Thomas Ertl. Dabei würden die Normalkälte und die Wärme für die gesamte Filiale produziert. Praktisch müsse man sich das so vorstellen: Die Kälte wird über eine umweltfreundliche Solelösung in die Kühlregale transportiert. Dort gibt die Lösung die Kälte an die Lebensmittel ab und erwärmt sich dabei. Die erwärmte Lösung fließt wieder in die Integralanlage zurück, wo die Wärme wieder in den Propankreislauf übertragen wird. Davon bekommt der Kunde in der Filiale aber nichts mit. Die Leitungen verlaufen über den abgehängten Decken oder im Boden.

Sinken die Außentemperaturen, kann das über einen Verdichter erwärmte Propan auch für die integrierte Fußbodenheizung genutzt werden. Fachleute sprechen hierbei von der sogenannten Betonkerntemperierung auf Wasserbasis. Diese Technik hat den Vorteil, dass man im Sommer die gleichen Rohre zur Klimatisierung nutzen kann, führt Thomas Ertl weiter aus. Mit circa 3300 Filialen in Deutschland ist Lidl einer der großen Immobilienbetreiber. Ziel des Discounters ist, jedes Jahr rund 300 seiner Bestandsmärkte energetisch nachzurüsten. Aktuell arbeiten nach Auskunft von Lidl 186 Filialen mit dem nachhaltigen Konzept. Unterm Strich bleibt den Discountern auch nichts anderes übrig, als in die Energieeffizienz ihrer Filialen zu investieren, wird Christoph Kraus, Geschäftsführer Immobilien bei Lidl, deutlicher.

'Die Politik verschärft die Anforderungen an Gebäude fortlaufend', kritisiert er. Auch beim Discounter Aldi Süd, der eigenen Angaben zufolge jedes Jahr rund 100 Filialen baut und saniert, setzt man bei der Modernisierung des Filialnetzes auf eine ganzheitliche Energieeffizienz. In Zusammenarbeit mit dem Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE wurde vor vier Jahren eine eigene Forschungsfiliale in Rastatt eröffnet. Dabei wurden Energiesynergien im Zusammenspiel von Passivhaus-Baustandard, Gewerbekälte- und Haustechnik erforscht. Die Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut dauert bis heute an. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen kontinuierlich mit ein in Überlegungen zu weiteren Nachhaltigkeitsprojekten im Bereich nachhaltiges Bauen und Energieoptimierung.