Horst Seehofer hat sich in München erklärt. Aber viele Fragen bleiben offen. Foto: AFP

Der CSU-Chef Horst Seehofer hat Lob für seinen Part in den Jamaikagesprächen erhalten. Aber in Bayern bleibt sein Kurs noch unbestimmt. Er verzögert die Diskussion über seine Nachfolge.

München - Da sollte einer wie Horst Seehofer unter Stress stehen – meint man. Aber selbst wenn das so wäre – dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef ist davon nichts anzumerken: kein Jetlag von den wochen- und nächtelangen Sondierungen in Berlin, kein Druck aus den erbitterten Streitigkeiten um seine Nachfolge in München, keine Verbitterung aus der Erkenntnis, daheim nach dem Debakel bei der Bundestagswahl nicht mehr gemocht zu werden.

Nein, als Horst Seehofer an diesem Donnerstag vor die CSU-Landtagsfraktion tritt, da lächelt er. Eigentlich soll er sich dem Gespräch stellen, den Widerworten aus den Reihen der Abgeordneten. Ein Spaziergang wird’s bestimmt nicht. Aber Horst Seehofer lächelt. Auf die entscheidende Frage, die nach seinem politischen Fortleben, sagt er am Mittag knapp: „Heute Abend wird alles klar sein.“ Und er macht dabei einen entspannten Eindruck.

Entspannt kann einer auch sein, wenn er eine Last von seinen Schultern abwirft. Aber will Seehofer wirklich gehen? Als Ministerpräsident? Als Parteichef? Oder will er bleiben, in zumindest einer Funktion, nachdem er bei den Jamaikasondierungen in Berlin eine gute Figur gemacht hat, anerkannt selbst von seinen Gegnern für seine Prinzipienfestigkeit und Flexibilität?

Klarheit heiße nicht, dass man sich für eine Person entscheide

Als die Hundertschaft der CSU-Abgeordneten nach nicht mal zwei Stunden am Nachmittag auseinandergeht, nach einer „absolut sachlichen, respektvollen“ Sitzung, wie mehrere versichern, da sind zwei Sachen klar. So sagt es jedenfalls Fraktionschef Thomas Kreuzer: Seehofer habe noch keinen Personalvorschlag unterbreitet, über „Personen und Namen“ sei in der Fraktion gar nicht gesprochen worden.

Aber bis zu einer dafür vorgezogenen Sitzung des Parteivorstands Anfang Dezember wolle Seehofer „nach Gesprächen mit allen Beteiligten“ einen Personalvorschlag machen, der dann auf dem Parteitag zwei Wochen später beschlossen werden könnte. „Heute“, so hat Seehofer gesagt, „könne er noch gar keine bestimmte Personallösung favorisieren“.

Aber wie verhält sich das zu Seehofers Ankündigung, „heute Abend“ werde „alles klar“ sein? Und was soll die Sitzung des Parteivorstands, die als zweite Station des „alles klärenden“ Donnerstags just für den Abend angesetzt ist?

„Na ja“, meint Seehofer am späten Abend plötzlich, „Klarheit“ sollte „nicht heißen, dass wir uns für eine Person entscheiden.“ Klarheit meinte auf einmal nur das Verfahren zur Findung eines neues neuen CSU-Spitzenmanns, und: Klarheit besteht für Seehofer nun auch darin, dass der Erzrivale Markus Söder sich da eingebunden hat, mit der erklärten „Bereitschaft, aufeinander zuzugehen und die Hand zu reichen“.

Mit seinem Verfahrensvorschlag zur Findung einer neuen „Aufstellung“ an der CSU-Spitze hat Seehofer nun also erneut zehn Tage Zeit gewonnen – und durch Mitsprache anderer Personen den Eindruck abgemildert, er allein wolle entscheiden. Fraktion und Vorstand haben das abgenickt: Seehofer bildet einen Beirat aus den zwei Ehrenvorsitzenden der CSU, aus Edmund Stoiber und Theo Waigel, dazu stößt auch noch die hoch geachtete Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

Auch Söder verliert nur wenige, ausschließlich gute Worte

Vielleicht sollen die Berater auch vermitteln, des lieben Friedens wegen. Denn nach wie vor herrscht Misstrauen zwischen Seehofer und seinen Kritikern in der Fraktion. Diese Runde soll letztlich entscheiden, mit wem in der Nachfolgeregelung gesprochen wird, und am 4. Dezember soll der Parteivorstand über das Ergebnis beraten. Wobei: Seehofer legt sich auch auf dieses Datum nicht fest. „Es ist ja auch nicht schlimm“, sagt er am späten Abend, „wenn’s auf einem Parteitag Wahlen gibt.“ Also eine Kampfabstimmung um den Chefposten. Seehofer will kämpfen, so lange es geht.

Kämpfen. Aufgeben nicht. Seinen „beachtlichen Beitrag“ für die Zukunftsfindung der CSU will er leisten, und die Herausforderung des – mit Landtags- und womöglich Bundestagsneuwahl – unter Umständen doppelten Wahljahrs 2018, „die kann keiner alleine stemmen.“ Was wohl heißen soll: Seehofer bleibt irgendwie an der Parteispitze; eine Ämteraufteilung mit Markus Söder wäre vielleicht denkbar, um die Partei – wie Seehofer sagt – zu befrieden. Aber dass er gehen wolle, das hat Seehofer am Donnerstag Abend in gar keiner Weise erkennen lassen. Wobei er am Rande die immer wieder spekulativ erwogene Sonderlösung doch noch durchblicken lässt: Bei einer Jamaika-Koalition, sagt er, „hätte ich in Berlin (als Minister) in vieles einrücken können.“ Aber jetzt. . .

Auch Söder, sein langjähriger Intimfeind und der meist gehandelte Kandidat für die Nachfolge, verliert nur wenige, ausschließlich gute Worte: „Wir müssen versuchen, als CSU wieder zu der legendären Geschlossenheit zu gelangen. Da muss jeder einen Beitrag leisten, ich auch, und das werden wir tun.“

Später im Vorstand spricht er davon, dass sich die Partei gar wünsche, dass sich Söder und Seehofer umarmten. Es dürfe nicht nur eine Kopf-Lösung sein, sondern sie müsse auch von Herzen kommen.