Sumatra-Tiger 'Carlos' in seinem Gehege in der Wilhelma in Stuttgart.
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Kritiker fordern nach tödlicher Attacke ein Tiger-Verbot. Zoos, etwa die Wilhelma, sind entspannt.

Karlsruhe/Stuttgart - Nach dem tödlichen Angriff eines Tigers auf seine Pflegerin im Kölner Zoo sehen die Tierparks in Baden-Württemberg keinen Handlungsbedarf. Die Sicherheitsstandards in allen deutschen Zoos seien gut, sagt Pressesprecherin Karin Herczog von der Stuttgarter Wilhelma. Für die Tierschutzorganisationen Peta ist die Attacke dagegen Wasser auf die Mühlen. Sie fordert von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ein Verbot der Raubtierhaltung.

In der Wilhelma leben derzeit zwei Sumatra-Tiger. Daneben gibt es eine nordpersische Leopardin, eine Jaguar-Dame, zwei Schneeleoparden und zwei Geparde. „Man muss aber als Mensch im Umgang mit Raubtieren immer seine Sorgfaltspflicht erfüllen“, sagt Herczog. Es sei ganz normal, dass Raubkatzen ihr Territorium verteidigten. „Ein Tiger, würde alles angreifen, was er als Beute oder Eindringling sieht“. Nach Meinung von Herczog haben Unglücksfälle wie in Köln nichts mit den Lebensumständen der Tiere im Zoo zu tun.

In Nürnberg und Köln seien in diesem Jahr dreimal Geparden aus dem Gehege entkommen

Das sehen die Tierschützer anders. „Wenn ein Tiger die Möglichkeit hat, einen Menschen anzufallen oder zu entkommen, dann nutzt er diese auch“, ist Peta-Mitarbeiter Peter Höffken überzeugt. In Nürnberg und Köln seien in diesem Jahr bereits dreimal Geparden aus ihrem Gehege entkommen.

Allerdings wollen sich nicht alle Naturschutzorganisation einem Verbot anschließen. Der WWF räumt zwar ein, dass selbst das größte Freigehege den natürlichen Lebensraum nicht ersetzen kann. Allerdings sei der Bildungsauftrag der Zoos nicht zu unterschätzen. „Viele Leute haben, glaube ich, durch Knut den Eisbär zum ersten Mal davon erfahren, dass die Arktis schmilzt“, sagt ein Sprecher.

Die Chefin des Karlsruher Zoos, Gisela von Hegel, reagiert zurückhaltend auf die Debatte. „Ich gehe davon aus, dass die Zoohaltung artgerecht ist. Die Räumlichkeiten, die den Tieren zur Verfügung stehen, sind ausreichend.“ Ihrer Meinung nach gehen die Tierparks verantwortungsvoll mit den Tieren um. So ist für die Löwen ein neues Gehege in Planung. Auf Tiger verzichtet Karlsruhe ganz, weil sie keinen geeignetes Gelände hätten.

Im „Schwabenpark“ in Kaisersbach lebt ein Tiger-Pärchen

Auffällig: Auch in der „Wilhelma“ trifft der Besucher derzeit nicht alle Raubkatzenarten an. „Unsere Gehege sind schon ein paar Tage alt“, erklärt Karin Herczog. „Wir wollen die Raubtiergehege erst vergrößern und verbessern. Dann könnte es möglicherweise auch wieder Löwen geben.“

Im „Schwabenpark“ in Kaisersbach (Rems-Murr-Kreis) lebt ein Tiger-Pärchen. „Wir haben schon seit 40 Jahren Tiger“, erzählt Geschäftsführer Sieghard Hudelmaier. „Und es ist noch nie was passiert. Wir würden aber nie in das Gehege gehen, wenn die Tiger drinnen sind.“

„Die Sicherheitsvorkehrungen sind in allen Raubtiergehegen gleich“, sagt Herczog. Zwischen den einzelnen Gehegebereichen gibt es „Schieber“. Jeder Pfleger betätigt diese „Schieber“ vor dem Betreten eines Gehegeabschnitts und sperrt die Raubkatzen aus. Dennoch bleibt für Stephan Hering-Hagenbeck, Zoologischer Direktor im Hamburger Tierpark Hagenbeck, immer ein Restrisiko „Menschen machen Fehler.“ Jedem Auszubildenden im Tierpark werde aber als erster Grundsatz vermittelt: „Türen immer verschlossen halten, ob beim Kaninchen oder Tiger.“