Der Luftverkehr auf dem Flughafen wurde bereits nach einigen Stunden wieder aufgenommen – unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Foto: AFP

Selbstmordattentäter haben auf dem Atatürk-Airport in Istanbul Dutzende Menschen getötet. Die türkische Regierung sieht keine Sicherheitslücken am Flughafen. Dabei gibt es Hinweise, dass ein Attentäter in das Terminal eindrang.

Istanbul - Nach dem verheerenden Terrorangriff auf den Atatürk-Flughafen in Istanbul mit mindestens 44 Toten sieht die türkische Regierung keine Versäumnisse bei der Sicherheit. „Weder im Abflug- noch im Ankunftsbereich am Flughafen kann von einer Sicherheitslücke die Rede sein“, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim am Mittwoch.

Aus Regierungskreisen hieß es jedoch am Abend, einer der drei Selbstmordattentäter sei in die Abflughalle des Internationalen Terminals eingedrungen. Der erste Attentäter habe sich an der Sicherheitskontrolle im Eingangsbereich in die Luft gesprengt und damit Chaos ausgelöst. So habe der zweite Attentäter ins Gebäude gelangen können und dann seinen Sprengsatz in der Abflughalle im ersten Stock gezündet. Ein dritter Attentäter habe sich anschließend draußen vor dem Gebäude in die Luft gesprengt. Mutmaßlich habe er damit fliehende Menschen treffen wollen.

Regierungschef Yildirim nannte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als möglichen Urheber des Anschlags auf dem größten Flughafen der Türkei hin. Es war bereits der vierte schwere Anschlag in Istanbul seit Jahresbeginn.

Das Istanbuler Gouverneursamt teilte mit, drei Selbstmordattentäter hätten bei dem Angriff am Dienstagabend 41 Menschen mit in den Tod gerissen. Unter den Opfern sind nach türkischen Angaben mindestens 13 Ausländer. 239 Menschen wurden verletzt, darunter nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt auch eine Deutsche. Gesundheitsminister Recep Akdag sagte am Mittwochnachmittag, 128 Verletzte seien weiterhin in Krankenhäusern, 41 davon auf der Intensivstation.

Gericht in Istanbul verhängte Nachrichtensperre über Anschlag

Yildirim erklärte, die Angreifer hätten zunächst um sich geschossen und sich dann in die Luft gesprengt. Zunächst war versichert worden, keiner der drei Attentäter habe die Sicherheitsschleusen zum internationalen Terminal passiert. Augenzeugenberichte und Videos in sozialen Medien deuteten dagegen darauf hin, dass mindestens einer in den Innenbereich gelangte.

Das Attentat zum Beginn der Feriensaison in Europa dürfte die Krise der Tourismusbranche in der Türkei noch verschärfen. Erst am Dienstag war für Mai ein Rückgang der Besucherzahlen um 34,7 Prozent gemeldet worden, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.

Die türkische Polizei fahndete nach den Hintermännern des Anschlags. Zunächst übernahm keine Gruppierung die Verantwortung. Der IS hat sich noch zu keinem der ihm in der Vergangenheit zugeschriebenen Anschläge in der Türkei bekannt. Yildirim sagte, die Attentäter seien mit einem Taxi zum Flughafen gefahren.

Der Luftverkehr auf dem Flughafen wurde bereits nach einigen Stunden wieder aufgenommen. Am Mittwoch gab es auch wieder Flüge aus Deutschland nach Istanbul. Der Angriff sorgte dennoch für massives Chaos im Flugverkehr. Turkish Airlines strich am Mittwoch mehr als 340 Flüge. Der Atatürk-Flughafen hat in etwa ein Passagieraufkommen wie der Airport Frankfurt/Main. Er liegt auf der europäischen Seite Istanbuls.

Nach Angaben der Rundfunkbehörde RTÜK verhängte ein Gericht in Istanbul eine Nachrichtensperre über den Anschlag. Betroffen seien „jede Art von Nachricht, Interview und Bilder vom Anschlagsort in den Druck- und visuellen Medien, den sozialen Medien und Internetmedien“.

Ausländische Urlauber sind vor Türkeibesuchen gewarnt

In einer Mitteilung rief der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Welt und besonders westliche Staaten zum entschlossenen Handeln gegen den Terror auf. „Jeder soll wissen, dass die Terrororganisationen nicht unterscheiden zwischen Istanbul und London, Ankara und Berlin, Izmir und Chicago, Antalya und Rom.“

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich am Rande eines Fastenbrechens in Berlin mit Christen, Juden und Muslimen entsetzt. „Wir stehen an der Seite der Türkei.“ Das Brandenburger Tor sollte am Mittwochabend wie schon nach den Attentaten in Brüssel und Paris angestrahlt werden - nun in Rot und Weiß, den Farben der türkischen Flagge. Auch die Regierungen der USA, Israels, Frankreichs und des Iran verurteilten den Terrorangriff.

Bei einem IS-Selbstmordanschlag im Istanbuler Zentrum waren im Januar zwölf deutsche Urlauber getötet worden. Neben dem IS verübt auch die TAK - eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK - immer wieder Anschläge in türkischen Metropolen. Erst vor drei Wochen waren bei einem Angriff der TAK in Istanbuls Stadtmitte elf Menschen getötet worden. Dieses Attentat vom 7. Juni war der dritte schwere Anschlag seit Jahresbeginn im Zentrum Istanbuls.

Die TAK hat auch ausländische Urlauber vor Türkeibesuchen gewarnt. Im vergangenen Dezember hatte die Gruppierung einen Mörserangriff auf den Flughafen Sabiha Gökcen verübt.