Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) will das verloren gegangene Vertrauen des Verfassungsschutzes bei der Bevölkerung wettmachen. Foto: dpa

Der Verfassungsschutz feiert 60 Jahre Geheimdienst. Derzeit steht er in der Schusslinie wie selten zuvor. Um Boden gut zu machen, strebt Südwest-Innenminister Gall einen Umbau an.

Stuttgart - Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) will das verloren gegangene Vertrauen des Verfassungsschutzes bei der Bevölkerung wettmachen. Das sagte er laut Mitteilung anlässlich des Jubiläums 60 Jahre Geheimdienst am Mittwoch in Stuttgart. Das Landesamt mit seinen derzeit 332 Beschäftigten müsse von der Öffentlichkeit wieder als glaubwürdiger Partner beim Schutz der Demokratie erkannt werden.

Die deutschen Geheimdienste waren infolge der Pannen bei den Ermittlungen zur Mordserie des Neonazi-Trios NSU massiv in die Kritik geraten. Doch den Fokus hier alleine auf den Verfassungsschutz zu richten, sei verfehlt. „Der vom Bundestag eingesetzte Untersuchungsausschuss ist mit großer Akribie dabei, Licht ins Dunkel zu bringen“, erklärte Gall.

Rainer Griesbaum von der Bundesanwaltschaft warnte vor vorschnellen Schuldzuweisungen. „Wir alle tun gut daran, die Ergebnisse dieser Gremien abzuwarten, bevor wir wohlfeile Einschätzungen abgeben. Hier geht Sorgfalt vor Schnelligkeit.“

Gall hat Reformen für den Umbau angekündigt

Im Dezember 1952 wurden die Verfassungsschutzämter der früheren Bundesländer Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden zusammenlegt. Das Amt im Südwesten sorgte vor kurzem für zusätzliche Schlagzeilen: Ein Verfassungsschützer soll vor Jahren Dienstgeheimnisse an ein Führungsmitglied des rassistischen Ku-Klux-Klan verraten haben.

Gall hat bereits Reformen für den Umbau angekündigt. Die Präsidentin des Amtes, Beate Bube, sagte bei der Veranstaltung, der Verfassungsschutz wolle die aktive Auseinandersetzung des Parlaments mit dem Geheimdienst und dessen Kontrolle. Im Südwesten gibt es Überlegungen, die Rechte der Parlamentarier bei der Überwachung zu erweitern.

Die Grünen im Landtag sehen bei dem Inlandsgeheimdienst dringend Handlungsbedarf. „Wir brauchen als ersten Reformschritt effektive Kontrollen und mehr Informationen für den Landtag, am besten mit einem starken Parlamentarischen Kontrollgremium“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, sagte Uli Sckerl. Reformen dürften aber vor dem Landesamt selbst nicht Halt machen. Der Abgeordnete würdigte gleichzeitig die Verdienste des Amtes. Als Beispiel nannte der Politiker den Bereich Islamismus.