Anschläge auf Flughäfen sind nach dem Attentat in Istanbul auch in Stuttgart ein Thema Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Selbstmordattentäter, die in Istanbul einen Flughafen stürmen und 44 Tote hinterlassen – das weckt auch am Stuttgarter Flughafen mulmige Gefühle. Und wirft die Frage nach verstärkten Sicherheitsmaßnahmen auf.

Stuttgart - Der schreckliche Terror-Anschlag am Flughafen in Istanbul hat die Sicherheitslage in Stuttgart nicht verändert: „Wir sind weiterhin wachsam und präsent“, sagt Steffen Zaiser von der Bundespolizeidirektion Stuttgart. Dabei gibt es keine Verstärkung der Kräfte, keine Änderung des Sicherheitskonzepts: „An der abstrakt hohen Gefährdungslage hat sich ja nichts geändert“, sagt Zaiser. Man fahre die Einsätze bereits auf hohem Standard – „und das führen wir fort“. Man müsse momentan nichts nachjustieren, so der Sprecher.

Anschlag wäre nicht zu verhindern

Könnte ein Anschlag wie in Istanbul am Stuttgarter Flughafen verhindert werden? Die Antwort lautet: nein. Außerdem ist es ja nicht so, als ob im Flughafengebäude auf den Fildern noch nie tödliche Schüsse gefallen wären. Am 31. März 2007 war’s, morgens um sechs, als ein 31-jähriger Serbe aus Aschaffenburg am Check-in-Schalter 305 im Terminal 3 auftauchte, eine Schusswaffe zückte und seine 25-jährige Ex-Frau vor mehr als 100 entsetzten Zeugen erschoss. Einer der umstehenden Passagiere wurde durch einen Streifschuss am rechten Oberschenkel verletzt.

Hintergrund war indes kein Terroranschlag, sondern ein Scheidungskrieg. Die getrennt von ihm lebende Frau hatte nach langem Rechtsstreit die Kinder im Kosovo besuchen wollen. Der Täter hatte ihr aufgelauert. Er feuerte sein Magazin leer und flüchtete. Der Mann, wegen Gewaltdelikten bereits polizeibekannt, konnte von der Polizei in einem 200 Meter entfernten Parkhaus festgenommen werden. Der Schütze wurde später zu lebenslanger Haft verurteilt.

Diskussion über vorgelagerte Sicherheitsschleusen

Hätten vorgelagerte Sicherheitsschleusen, außerhalb des Gebäudes, Anschläge von bewaffneten Tätern verhindern können? Wer sich in Polizeikreisen umhört, erntet Kopfschütteln: „Einem Attentäter ist es doch egal, wo seine Opfer stehen“, sagt einer. Ein weiterer Hinweis eines Experten: „In Istanbul hat es doch gerade solche vorgelagerten Kontrollen gegeben.“ Schon beim Eintritt ins Gebäude des Atatürk-Flughafens wird das Gepäck geröntgt, jeder Besucher muss durch einen Metall-Scanner. Drinnen gibt es die weiteren üblichen Check-in-Kontrollen für die Fluggäste. Die drei Attentäter hat dies nicht aufgehalten – einer durchbrach sogar die zweiten Sicherheitsschleusen, als er in der Ebene für Abflüge das Feuer eröffnete. Einen regelrechten Sicherheitsgürtel gibt es bei Israels internationalem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv. Passagiere werden bei der Ankunft im Auto schon Kilometer vor dem Terminal von bewaffneten Sicherheitskräften überprüft. Dann müssen sie noch zwei weitere strenge Kontrollstellen passieren.

Es stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit

Müssen deutsche Flughäfen zu Hochsicherheitstrakten werden? Bei der Flughafen Stuttgart GmbH verweist man darauf, dass in Fragen der Sicherheit die Polizei zuständig sei. Über Kontrollschleusen vor den Gebäuden gebe es jedenfalls noch keine Anforderungen. Die erscheinen auch eher unwahrscheinlich – allein aus Platzgründen. Hinter vorgehaltener Hand wird in Expertenkreisen auch die Frage der Verhältnismäßigkeit gestellt: „Da müssten wir auch über ganz andere Anfahrtszeiten reden“, heißt es. Wer seinen Flieger sicher erreichen will, müsste sich noch mehr Stunden früher am Flughafen einfinden. Unklar wäre auch, wie die Menschenmengen von der unterirdischen S-Bahn-Station abzuwickeln wären.

Und doch wird in Sachen Sicherheit aufgerüstet: „Im Gebäudeinnern bereiten wir uns baulich auf Veränderungen vor“, sagt Flughafen-Sprecherin Beate Schleicher. Der Trend geht immer mehr zu den modernen Körper-Scanner-Apparaturen, die erheblich schwerer und größer als die bisherigen Kontrollgeräte sind. Um hier für die Zukunft gerüstet zu sein, gab es in Terminal 3 bereits Bauarbeiten: „Dort wurde der Boden verstärkt“, sagt Flughafen-Sprecherin Schleicher, „damit gibt es auch bei einer vollständigen Umrüstung auf die Körper-Scanner mehr Standfestigkeit.“

Nicht alles sieht man auf den ersten Blick. Bundespolizei-Sprecher Zaiser weist darauf hin, dass die hohen Sicherheitsvorkehrungen nicht nur an vielen bewaffneten Uniformierten, die auf Streifen unterwegs sind, gemessen werden können. „Unsere Kräfte sind auch in Zivil verdeckt unterwegs“, sagt er. Und damit auch für potenzielle Täter „nicht berechenbar und einschätzbar“.