Die Stadt hat im Fall eines Bombenfunds zu evakuierende Wohngebiete in zwei Zonen aufgeteilt. Foto: Grafik Zapletal

Auf der Baustelle an Tor drei des Mercedes-Benz-Geländes sollen am Dienstag die Bagger wieder rollen, die wegen Bombenfunden seit Wochen stillstanden. Bis zum 31. März sei die Wahrscheinlichkeit erhöht, Blindgänger zu entdecken, so der Konzern.

Sindelfingen - Gut einen Monat lang war alles ruhig, von der kommenden Woche an könnte auf dem Mercedes-Benz-Gelände in Sindelfingen wieder Bombenalarm ausgelöst werden. Der Grund: am Dienstag rollen auf der 22 000 Quadratmeter großen Baustelle bei Tor drei am Calwer Knoten die Bagger an. Ob man wieder auf Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg stößt wie am 15. und 16.  Februar, ist offen.

Als Reaktion auf die damaligen Funde hatten die Verantwortlichen des Daimler-Werks im Februar ihre Baupläne kurzfristig geändert. Das Vorgehen, das Peter Kubiena, der Leiter der Daimler-Projektentwicklung in Sindelfingen, damals präsentiert hatte, konnte allerdings nicht erfolgreich ausgeführt werden. Demnach hatte auf dem Gelände des als „Krawattenbau“ bezeichneten Verwaltungsgebäudes 1 sowie eines Parkplatzes vor weiteren Ausschachtungen eine flächendeckende Sondierung stattfinden sollen. Dabei entdeckte Auffälligkeiten im Boden, die auf einen Blindgänger, aber auch auf Metallteile oder Rohre hinweisen könnten, sollten zunächst lediglich markiert und nicht weiter angetastet werden. „Wir hatten damit gerechnet, dort vielleicht auf eine Handvoll dieser Anomalien zu stoßen“, sagte Kubiena.

Erdarbeiten bis zum 31. März

Kaum hatten die Sondierungsmaßnahmen begonnen, hätten die Messgeräte aber fast permanent angeschlagen. „Es gibt dort so viele Anomalien, dass eine flächendeckende Sondierung keinen Sinn hat“, resümierte Kubiena. Nun soll hier wie auch auf Baufeld Nummer zwei – dem Standort des alten Rechenzentrums – wie zuvor während der laufenden Bauarbeiten sondiert werden. Anvisiert ist dafür der Zeitraum bis zum 31. März. „Währenddessen ist die Wahrscheinlichkeit, ein Kampfmittel zu finden, erhöht“, so Kubiena.

Als eine weitere Konsequenz der Bombenfunde und der Ergebnisse der Sondierungen haben die Verantwortlichen des Daimler-Werks die Erdarbeiten auf einer weiteren Baustelle vorgezogen. Auf dem Gelände der alten Stanzerei, wo ein Gebäude für den Karosseriebau entstehen soll, ist laut Kubiena ebenfalls mit einer flächendeckende Sondierung begonnen worden. „Wir wollen vermeiden, dass wir in einem Vierteljahr wieder in einer ähnlichen Situation sind“, sagte er.

Produktion der S-Klasse nicht gefährdet

Allerdings befinde sich die Bauarbeiten auf dem Werksgelände wegen der Bombenfunde und der zusätzlichen Sondierungsmaßnahmen in Verzug, sodass bis zum Stichtag 31. März voraussichtlich lediglich Dreiviertel der gesamten Fläche gesichert kampfmittelfrei seien. Die dann noch ausstehenden Arbeiten ziehen sich laut Kubiena voraussichtlich bis in den Mai hinein ziehen. Bis zu diesem Zeitpunkt müsse man mit dem Fund weiterer Fliegerbomben rechnen, „auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür nach dem 31. März geringer ist als zuvor“, sagte er.

Trotz dieser Verzögerungen beim Bau der Gebäude für die Produktion der S-Klasse sei der angestrebte Starttermin in Sindelfingen nicht in Gefahr. „Wir haben mit einem zeitlichen Puffer geplant“, sagte der Standortverantwortliche Michael Bauer. „Die S-Klasse wird kommen.“

BIs zu 3700 Menschen von Evakuierung betroffen

Sollte es tatsächlich wieder zu einem Bombenfund kommen, müssten, wie bei den Funden Mitte Februar, auch die nahen Wohngebiete evakuiert werden. Die Stadt hat dafür ein Konzept ausgearbeitet, das zwei mögliche Evakuierungszonen vorsieht: einen Evakuierungsradius von 300 Metern und einen erweiterten Radius von 500 Metern.

„Welche Zone im spezifischen Fall evakuiert wird, entscheiden die Experten des Kampfmittelräumdienstes je nach Art und Lage des gefundenen Blindgängers“, sagte der Sindelfinger Stadtbrandmeister Wolfgang Finkbeiner. In der kleineren Zone seien 1360 Menschen betroffen, in der größeren 3700. Als Notquartier soll dieses Mal der Glaspalast dienen, Sonderbusse sollen betroffene Anwohner dorthin fahren.