Der Sohn des Schrauben-Milliardärs Reinhold Würth ist am 17. Juni 2015 in Schlitz (Hessen) gekidnappt worden (Archivbild des „Hofgut Sassen“ vom 18. Juni 2015). Foto: dpa

Die Polizei erhöht den Druck auf den nicht gefassten Entführer des Milliardärssohns Würth. Knapp zwei Jahre nach dem Kidnapping gehen die Fahnder mit einer Stimmanalyse an die Öffentlichkeit – und erhalten neue Hinweise für die Tätersuche.

Schlitz - Mit einer Stimmanalyse des Kidnappers und einem Bewegungsprofil erhoffen sich die Ermittler im Fall des 2015 entführten Milliardärssohns Würth neue Impulse. Ihre neuen Erkenntnisse präsentierten sie in dem bundesweit Aufsehen erregenden Kriminalfall am Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“.

Nach der erneut übers Fernsehen ausgestrahlten Tätersuche kamen bis Donnerstagmittag rund 50 Hinweise zusammen. „Wir rechnen noch mit weiteren Tipps. Aber es sind auch schon vielversprechende Hinweise dabei, die wir überprüfen werden“, sagte Christian Stahl vom Polizeipräsidium Osthessen in Fulda.

Thomas Hauburger von der Staatsanwaltschaft Gießen sagte in der Fernsehsendung, dass ein Telefonanruf des Kidnappers erneut untersucht worden sei. Dadurch sei eine Stimmanalyse entstanden, zudem sei ein Bewegungsbild des Täters erstellt worden.

Geldübergabe im Entführungsfall scheiterte

Der vermutlich aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Mann spreche mit deutlichem Akzent. Den Erkenntnissen nach habe er Deutsch im Rhein-Main-Gebiet gelernt. Man könne davon ausgehen, dass er dort gelebt oder gearbeitet habe. Laut der Analyse dürfte der Täter zwischen 40 und 52 Jahre alt sein. Wahrscheinlich stamme er aus dem Raum Sandzak im Grenzgebiet zwischen Serbien und Montenegro.

Der behinderte Sohn des baden-württembergischen Schrauben-Milliardärs Reinhold Würth aus Künzelsau war am 17. Juni 2015 in Schlitz (Hessen) gekidnappt worden. Der damals 50-Jährige lebte dort in einer integrativen Wohngemeinschaft. Einen Tag später wurde er in einem Wald bei Würzburg unversehrt an einen Baum gekettet gefunden.

Zuvor hatte ein Entführer die Geodaten des Ortes preisgegeben. Zu einer Übergabe der drei Millionen Euro Lösegeld kam es nach Darstellung der Ermittler nicht, eine Übergabe scheiterte. Der Würth-Sohn lebt inzwischen an einem anderen, geheim gehaltenen Ort.

Gesuchter Mann vermutlich im Umgang mit Menschen geübt

Aus der Stimmanalyse zogen die Ermittler weitere Rückschlüsse. Beruflich sei der Mann wahrscheinlich im Umgang mit Menschen geübt. Jobs als Fahrdienstleister für Personen oder als Bote seien ebenso denkbar wie eine Beschäftigung im sozial-karitativen Bereich oder in der Gastronomie. Seine Höflichkeit und die wiederholte Verwendung des Wortes „bitte“ führen auf diese Fährte, wie Stahl auf Nachfrage erklärte.

Neben der Stimmanalyse wertete die Polizei Handydaten aus. Dadurch sei ein Bewegungsbild des Täters entstanden, sagte Hauburger. Nach den Erkenntnissen der Ermittler habe der Kidnapper an verschiedenen Orten sein Handy-Guthaben aufgeladen. Er habe dafür im Rhein-Main-Gebiet in verschiedenen Geschäften sogenannte Cash-Codes erworben, am Tattag in einem Supermarkt in Würzburg-Eisingen, in der Nähe des späteren Auffindeort des Opfers.

Die Belohnung für Hinweise, die zum Täter führen, wurde laut Hauberger von 5000 auf 30 000 Euro erhöht. In dem Fall hatten die Ermittler schon einmal auf die Fernsehfahndung im ZDF gesetzt. Im Juli 2015, kurz nach der Tat, waren einige Hinweise eingegangen, die aber nicht zum Durchbruch führten. Damals hieß es, der Anrufer sei wahrscheinlich zwischen 35 und 60 Jahre alt und komme dem Akzent nach aus Osteuropa oder dem ehemaligen Jugoslawien. Die Sonderkommission zu dem Fall wurde im September 2015 aufgelöst, die Ermittlungen liefen aber weiter.