Immer im Training: Myriam Pleva ist seit ihrer Kindheit im Ballettsaal zuhause und unterrichtet klassisches Ballett ebenso wie Jazzdance, Stepptanz und Hiphop. Für das Jubiläum der Tanzschule Pleva gibt es noch Karten. Foto: Max Kovalenko

Myriam Pleva über Tanzleidenschaft, Träume kleiner Mädchen vom Tutu und die Gala ihrer Schule.

Stuttgart – Passen die Kostüme, sitzt die Choreografie, funktionieren Musik und Licht? Der übliche Probenstress vor einer Premiere, denn Myriam Pleva bereitet die Gala in der Liederhalle zum 65. Geburtstag der Ballettschule Pleva vor, die ihre Großmutter Anni Marks-Pleva 1947 in Stuttgart gegründet hat.

Frau Pleva, ein Kollege hat mich beneidet um diesen Besuch bei Ihnen. Weil er Sie bewundert. Ihre Fans haben Sie ja lange nicht auf der Bühne gesehen. Werden Sie bei der Geburtstagsgala selbst auftreten?
Ja, mit einem russischen Lied als Hommage an meine Großmutter und einem Lied von meiner Mutter. Das Kompliment Ihres Kollegen freut mich natürlich.

Sie führen die Ballettschule Pleva nach Ihrer Großmutter Anni Marks-Pleva und Ihrer Mutter Doris Pleva in der dritten Generation. Besitzen die Frauen Ihrer Familie alle das Tanzgen?
Ob wir das Gen haben, weiß ich nicht (lacht). Aber wir haben alle die Leidenschaft für den Tanz. Ich bin praktisch im Ballettsaal aufgewachsen. Und jetzt verbringt meine zehnjährige Tochter Soley fünf Tage in der Woche im Ballettsaal. Die vierte Generation scheint gesichert zu sein.

Haben Sie von einer Karriere als Primaballerina geträumt?
Natürlich war Marcia Haydée mein großes Vorbild und Idol. Aber als meine Großmutter mich fragte, ob ich in die Cranko-Schule gehen wolle, habe ich das instinktiv abgelehnt. Ich wollte lieber hier in unserer Schule weiter trainieren. Und es hat sich dann herausgestellt, dass ich gar nicht die körperlichen Voraussetzungen für eine große Bühnenkarriere als Tänzerin gehabt hätte.

Welche Voraussetzungen fehlten bei Ihnen?
Nicht jedes angeborene Skelett ist dafür geeignet. Meine Großmutter, die vorm Zweiten Weltkrieg als Solistin an der Linden-Oper in Berlin tanzte und Ballettmeisterin war, konnte noch mit 70 Jahren ein Rad schlagen. Bei mir streikten früh die Gelenke, ich hatte schon mit 16 Jahren Schmerzen in den Knien, den Hüften und im Kreuz. Meine Mutter hat daraufhin die Pleva-Technik entwickelt, bei dem das Training gelenkschonend den individuellen körperlichen Gegebenheiten angepasst wird. Grundlage ist der Ursprung des klassischen Balletts im 18. Jahrhundert.

Wie funktioniert das?
Wir verzichten auf die absolute Auswärtsstellung der Füße – „en dehors“ in der Ballettsprache Französisch –, die in der klassischen Tänzerausbildung unverzichtbar ist. Stattdessen führen wir beispielsweise alle fünf Fußpositionen nur im rechten Winkel aus. Damit vermeidet man, dass Wirbelsäule und Hüftstellung unnatürlich und zum Hohlkreuz verdreht werden. Wir drücken auch die Schüler nicht mit aller Gewalt in den Spagat: Wie weit jemand die Beine spreizen kann, richtet sich nach der Länge der angeborenen Sehnen. Es darf einfach nicht sein, dass der Körperbau bestimmt, ob man Freude am Tanzen hat.

Sie entstammen einer Künstlerfamilie von Sängern, Musikern und Schauspielern wie Ihr Onkel Jörg Pleva und sind selbst ein Multitalent als Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin.
Ja, ich wurde, unter anderem auch in Frank-reich, England und in den USA, zur Ballettmeisterin ausgebildet. Aber als ich merkte, dass meine Tanzkarriere mit 20 enden würde, habe ich bei Hildemarie Keim an der Staatsoper Gesang und bei Lilo Barth Schauspiel studiert. Denn der Beruf des Tänzers erfordert viel Idealismus: schlecht bezahlt und nur für eine begrenzte Zeit.

Welche der drei Gattungen favorisieren Sie?
Schwer zu sagen. Aber es war wunderbar, als ich mit dem Sänger und Entertainer Robert Kreis im Berliner Wintergarten aufgetreten bin. Auch mit eigenen Liedern, die meine Mutter komponierte und ich getextet habe. Dort hat mich Gerhard Woyda entdeckt und ans Renitenz-Theater in Stuttgart geholt. Ich gehörte sieben Jahren lang zum Ensemble. Doch nach dem Tod meiner Mutter 1999 habe ich mich ganz auf die Tanzschule konzentriert. Christina Seeger, eine Schülerin meiner Mutter, führt die Schule in Stuttgart, ich leite die Echterdinger Schule.