Verschicken Süßigkeiten für den gemütlichen Fernsehabend: PR-Mann Marcel Endres (links) und Gründerpärchen Sarah Haide und Clemens Walter Foto: Leif Piechowski

Die Stuttgarter Gründerszene boomt. Zwei junge Menschen kommen nun mit einer neuen Idee auf den Markt: Sie vertreiben Snackboxen für den gemütlichen Abend zu Hause auf der Couch. Der Name ist Programm: Mycouchbox.de

Die Stuttgarter Gründerszene boomt. Zwei junge Menschen kommen nun mit einer neuen Idee auf den Markt: Sie vertreiben Snackboxen für den gemütlichen Abend zu Hause auf der Couch. Der Name ist Programm: Mycouchbox.de

Stuttgart - Im dritten Stock des Gründerhauses in der Marienstraße sieht es aus wie in einem Lager. Boxen, voll mit Naschsachen, stapeln sich in den Büroräumen und wirken wie eine Lieferung ans Schlaraffenland. Nur dass das sechsköpfige Team um das Gründerpaar Clemens Walter und Sarah Haide so gar nicht nach Lagerarbeitern aussieht. Hier im Start-up-Unternehmen Mycouchbox (ins Schäbische übersetzt: Mei Box für d’ Kautsch) wird die nächste Monatslieferung der Überraschungs-Snackbox zwischen Apple-Rechnern versandfertig gemacht.

Eine Box, die bei der Regionalausscheidung des vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft verliehenen Gründerpreises Elevator Pitch BW Mitte März im Stuttgarter Club Kowalski das Rennen machte. Doch was ist so besonders an einer Schachtel, die mit Süßigkeiten, Knabbereien und Knusperzeugs gefüllt ist und Privatverbrauchern direkt nach Hause geliefert wird?

„Der unschlagbare Preis“, sagt Walter. Der 28-Jährige hat vor kurzem noch im Vertrieb in der Automotive-Branche gearbeitet, bevor er sich im Januar 2013 mit Mycouchbox selbstständig machte. Zuvor studierte er in Stuttgart Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaften. „Wir bekommen unsere Ware zu den besten Konditionen“, erklärt er das Geschäftsmodell von Mycouchbox. Denn der Vertrieb der Box für zehn Euro, die je nach Monat im Supermarkt das eineinhalb- bis zweifache kosten würde, ist nur auf den ersten Blick die Geschäftsidee des findigen Gründers.

„Dadurch, dass unsere Kunden auf unserer Webseite zu circa 30 Prozent Feedback geben, was ihnen an Boxinhalten besonders geschmeckt hat, bekommen Süßwarenproduzenten von uns Marktanalysen zur Verfügung gestellt – weitaus mehr, als klassische Marktanalysen leisten könnten.“ Und wo ist man dem Verbraucher auch näher, als im eigenen Wohnzimmer? „Für die Süßwarenhersteller Grund genug, uns die Waren zu extrem niedrigen Preisen zu überlassen“, beobachtet der 28-Jährige.

Das wiederum sichert dem Geschäftsmann Walter gute Gewinnspannen. Dabei sind seine Vertriebspartner sowohl Größen wie Ritter Sport als auch ganz kleine Unternehmen, die noch in der Selbstfindungsphase stecken. Auch komplett neue Produkte werden gerne via Mycouchbox getestet. Doch obwohl Walter noch weiter mit dem Datensammeln über die Verbraucher gehen könnte, bekommen Partnerfirmen von Mycouchbox lediglich die Produktbewertungen der Kunden zur Verfügung gestellt.

„Datenschutz ist heutzutage ein großes Thema“, sagt Walter. Er ist sich sicher, dass die Couchbox-Käufer Bedenken beim Bestellen hätten, wenn ihre oder Geo-Daten – also digitale Informationen über eine räumliche Lage – an Dritte weitergegeben würden. Die Geo-Daten zeigen, dass Mycouchbox ein urbanes Produkt ist, das vor allem in deutschen Großstädten funktioniert. Walter zeigt auf einem Apple-Bildschirm eine Karte, wo die Ballungszentren Stuttgart, Ruhrpott, Hamburg und Berlin herausstechen.

Obwohl der Plan, das Produkt gleich national zu vertreiben, aufzugehen scheint, befindet sich Mycouchbox noch in den Kinderschuhen. Trotz monatlicher Wachstumsrate von 100 Prozent sind, laut Walter, 200 Snackboxen pro Charge dem Gründer noch lange nicht genug. Gerne befüllt Walter zusammen mit Sarah Haide, die nicht nur beruflich, sondern auch privat seine Partnerin ist, die Pappboxen eigenhändig in ihrem Büro. Alle Anfragen beantwortet er selbst. Er liebt es, dabei zuzusehen, wie das Pflänzchen wächst. Trotzdem weiß er: Ein Unternehmen in der Web-2.0-Branche aus den Kinderschuhen zu führen, ist harte Arbeit.

„Wir genießen den Vorteil, sympathischer Underdog zu sein“, erklärt Walter seine Vertriebsstrategie. Alles läuft über Telefonakquise und Messebesuche. Oft scheitern die Gespräche daran, dass Mycouchbox noch zu klein ist. „Manche fangen bei einem Marketingbudget von unter 400 000 Euro pro Partner gar nicht erst an.“ Und bis Mycouchbox Süßwarenherstellern Leistungen im Bereich Produktanalyse in solchem Umfang liefern kann, dürfte es noch ein wenig dauern.

Dennoch hat sich das junge Team vorgenommen, noch dieses Jahr über 1000 Snackboxen pro Monat für Fernsehabende an die Frau und den Mann zu bringen. Hierfür möchte man künftig neue Snackboxen etablieren. „Die Box zur Fußball-WM ist beschlossene Sache“, sagt Walter. Weitere Boxen wie eine Kinder- oder eine „Silver“-Box für Senioren sollen folgen.