Kultusminister Andreas Stoch (SPD) Foto: dpa

Im Koalitionsvertrag steht, die grün-rote Regierung wolle den muttersprachlichen Unterricht als festen Bestandteil an die Schulen holen. Kultusminister Stoch muss aber sparen - und will deshalb alles so lassen, wie es ist.

Stuttgart - Das SPD-geführte Kultusministerium weicht beim muttersprachlichen Unterricht vom Koalitionsvertrag ab und riskiert so Ärger mit den Grünen. In der Vereinbarung zum Regierungswechsel heißt es: „Den muttersprachlichen Unterricht wollen wir schrittweise ins reguläre Schulangebot integrieren.“

Wie das genau laufen soll, wollte nun die CDU im Landtag wissen und erhielt von Ressortchef Andreas Stoch als Antwort nur einen Satz: „Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport geht von einer Fortführung des muttersprachlichen Unterrichts nach dem bisherigen Modell aus.“

Das bedeutet: Das Kultusministerium hat Verträge mit diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Herkunftsländer, die sich um Angebote, Lehrer und Unterrichtsinhalt kümmern. Die Schulträger müssen nur Räume bereitstellen. Angebote gibt es den Angaben nach derzeit aus Bosnien-Herzegowina, Griechenland, Italien, dem Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Polen, Portugal, Serbien, Slowenien, Spanien, der Türkei und Tunesien. 3616 Kurse seien dem Ministerium gemeldet. Daran nähmen 44.366 Schüler teil, 509 Lehrer sind im Einsatz. Die Teilnahme an den Kursen ist freiwilliig.

Ministerium: Andere Projekte dringlicher

Der Grund für die Stochs Absage an den Koalitionsvertrag ist Geld. 60 Millionen Euro würde die Eingliederung der Kurse in den Regelunterricht kosten, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag in Stuttgart. Im Moment würden andere Projekte als dringlicher erachtet.

Der integrationspolitische Sprecher der Grünen, Daniel Lede Abal, bekräftigte die Position seiner Partei: „Wir wollen langfristig Strukturen schaffen, die muttersprachlichen Unterricht als Bestandteil des schulischen Angebotes ermöglichen. Wir sind hier auch mit dem Koalitionspartner im Gespräch.“ Lede Abal hatte schon vor zwei Jahren auf eine Reform gedrungen. Wäre der muttersprachliche Unterricht Teil des Schulunterrichts, könnte das Land auch qualitative Standards setzen, hatte er damals argumentiert.

Zudem hatte er davor gewarnt, aus Zeitgründen könnte das freiwillige Angebot bei den Bestrebungen zum Ganztagsunterricht wegfallen. Nun sagte er: „Es wäre sinnvoll, mit dem Ausbau der Ganztagsschulen auch den muttersprachlichen Unterricht anzugehen.“

In der Stellungnahme des Ministeriums heißt es dazu: „Es ergeben sich keine Veränderungen für den muttersprachlichen Zusatzunterricht.“ Als Ganztagsschule gilt eine Einrichtung, die an mindestens drei Tagen sieben Zeitstunden Betreuung anbietet. „Somit ist es je nach örtlicher Gegebenheit möglich, den muttersprachlichen Unterricht weiterhin im Anschluss an den Unterricht stattfinden zu lassen“, schreibt Stoch. Für ein muttersprachliches Angebot parallel zur Ganztagsschule könne die Schulleitung zudem Schüler von der Schulpflicht befreien.

Im Haushaltsplan sind dem Ministerium zufolge zur Förderung des muttersprachlichen Unterrichts in diesem und im vergangenen Jahr je knapp 1,1 Millionen Euro vorgesehen. Damit wurden 852 Kurse bezuschusst. Allerdings waren von den gemeldeten Kursen 1875 - also mehr als doppelt so viele - zuschussfähig, weil mindestens zwölf Schüler davon profitierten. Dass nicht alle gefördert werden liegt laut dem Sprecher ebenfalls daran, dass das Geld dafür nicht reicht.