n Stuttgart fliegen die Fäuste: Nikolas Heiber (li.) spielt Rocky, Wietske van Tongeren dessen Frau Adrian, Gino ­Emnes übernimmt die Rolle von Widersacher Apollo Creed Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Gerüchte haben sich bestätigt: „Rocky“ schickt die Damen von „Chicago“ mit einem wenig galanten Knock-out in die Seile. Nach nur einem Jahr Laufzeit weicht das Broadway-Musical mit 20er-Jahre-Flair im Herbst der Stage-Entertainment-Adaption von Sylvester Stallones Kinoerfolg.

Stuttgart - Können Boxer singen? Max Schmeling hat es zumindest versucht. 1930 stimmte er anlässlich des Films „Liebe im Ring“ das Lied „Das Herz eines Boxers“ an. Bühnenreif war diese Performance nur bedingt. Rocky Balboa schlägt sich in der Musikwelt erfolgreicher. Drei Jahre lang boxte er sich am Hamburger Operettenhaus durch. Jetzt bereitet sich der Underdog aus Philadelphia auf seinen großen Auftritt in Stuttgart vor. Im Herbst soll es soweit sein. Ein kurzer Werbe-Clip von Stage zeigt den singenden Sportler bereits beim Joggen auf dem Schlossplatz und beim Konditionstraining zwischen Stäffele und Weinbergen. Der Mann scheint finster entschlossen, sich am Neckar zu akklimatisieren.

Michael Hildebrandt, Mit-Geschäftsführer von Stage Entertainment Deutschland, ist überzeugt, dass „Rocky“ den Nerv des Publikums treffen wird: „Die Erfahrung zeigt, dass man hier aufgrund der vielen Inszenierungen in den letzten 20 Jahren sehr musicalerfahren ist und hohe Ansprüche hat, aber auch die Bereitschaft mitbringt, sich auf ungewöhnlichere Stoffe einzulassen.“ Hits wie ,Mamma Mia!‘ funktionierten ohnehin, aber Produktionen wie „Wicked“ wurden eben auch sehr gut angenommen.

„Rocky“ lockt mit der Geschichte eines jungen Mannes, der sich auf der Verliererstraße wähnt und am Ende doch sein Glück findet. In erster Linie, so Hildebrandt, gehe es nicht um Action, sondern um Liebe, Moral und den Glauben an sich selbst. Stallones Film aus dem Jahre 1976 sei im Kern ein Drama: der richtige Stoff für ein Bühnenstück. Mit dem „Rocky“-Thema „Gonna Fly Now“ von Bill Conti und „Eye Of The Tiger“ von Survivor liefert der Streifen zwei musikalische Bausteine für die Musical-Version mit.

Technik wie ein weiterer Darsteller

Nicht zuletzt verspricht „Rocky“ zudem verblüffende Effekte und kommt den Erwartungen moderner Musicalbesucher mehr entgegen als „Chicago“ mit seinen eher klassischen Tanzszenen. „Die Technik ist in dieser Produktion fast so etwas wie ein weiterer Darsteller“, schwärmt Clemens Weissenburger, der als Technical Supervisor dafür sorgt, dass der Boxer ausdauernd durch die Straßen Philadelphias laufen kann und die Zuschauer beim großen Kampf mit einem Mal wirklich in der Boxarena sitzen.

Natürlich gibt es auch einen echten Ring. Da kann Christoph Drewitz, der Künstlerische Leiter in Hamburg, guten Gewissens eine spektakuläre Show ankündigen. „Es gibt auch ruhige Momente und eine intime Geschichte“, fügt er rasch hinzu. Das Stück eröffne eine eigene, emotionale Sicht auf den Titelhelden. Bietet „Rocky“ also eine unwiderstehliche Mischung aus Männerschweiß und Romantik? Am Broadway machte das Stück trotz Sylvester Stallones Segen und der Auszeichnung mit einem Tony Award schon nach fünf Monaten Laufzeit wieder schlapp. Vor der Bewährungsprobe in Stuttgart bleibt noch viel zu tun. Der Zeitplan für die Umbauten ist noch nicht endgültig festgezurrt, die Besetzung derzeit ebenso offen wie der Termin für die Premiere.