Nicht alle Tribünen beim Rennen in Hockenheim waren so gut gefüllt Foto: dpa

Die Macher des Formel-1-Rennens in Hockenheim klagen über einen Zuschauerschwund – und sehen unter anderem die Fußball-WM als Ursache.

Die Macher des Formel-1-Rennens in Hockenheim klagen über einen Zuschauerschwund – und sehen unter anderem die Fußball-WM als Ursache.

Hockenheim - Die Österreicher sind schuld, und auch die WM-Fußballer in Brasilien. Schuld daran, dass sich in diesem Jahr weniger Motorsport-Freunde eine Karte für den Großen Preis von Deutschland gekauft haben als 2012. Diese Österreich-Brasilien-These stammt von Georg Seiler, dem Chef der Hockenheimring GmbH. Rund ums badische Motodrom war das Wehklagen fast schon lauter als die familienfreundlich leisen V6-Turbos der Rennautos.

„Wir haben einen Rückgang im Vergleich zu 2012, das stimmt“, sagte Georg Seiler, „doch dafür gibt es Gründe, die aber nicht unbedingt mit der Formel 1 zu tun haben. Wenn 10 000 Fans fehlen, teilen sich die Gründe auf viele Bereiche auf.“ Seine Rechnung: Der Grand Prix von Österreich, 2014 nach elf Jahren Abstinenz wieder zurück im Rennkalender, habe 5000 Menschen aus dem Süddeutschen, aus Italien und der Schweiz von Hockenheim abgezogen: „Die wollten alle etwas Neues sehen“, meinte Seiler. Die weiteren 5000 Abwesenden kreidete der Ringchef den Medien an, die in den Wochen vor dem Deutschland-GP nur über die Fußball-WM berichtet hätten. „Außer Fußball war kaum etwas anderes zu lesen und zu sehen“, knurrte der 61-Jährige.

Die Ösis und die dominanten Kicker also sind verantwortlich dafür, dass rund um Hockenheim alles übersichtlich blieb – kaum Staus bei An- und Abreise, kaum Gedränge auf der Fanmeile, vor den Bier- und Wurstständen; nur vor den Toiletten gab’s gelegentlich Verstopfung. Wäre der Motorenlärm nicht manchmal vom Wind in die Stadt getragen worden, die Hockenheimer hätten kaum gespürt, dass ein Grand Prix läuft.

„Ist wenig los, man merkt es“, sagte ein Fahrer, der Fans und Sponsoren zum Ring kutschierte. 45 000 Karten für Preise von 99 Euro aufwärts waren vor dem Wochenende weggegangen, damit war die Hockenheimring GmbH weit entfernt von der Gewinnzone. In den vergangenen Jahren schrieb die Gesellschaft immerhin eine schwarze Null. Beim Grand Prix vor zwei Jahren bevölkerten am Sonntag 60 000 Menschen die Tribünen, 2014 hätte Seiler für seine Mitarbeiter schon eine Magnum-Schampusflasche spendiert, wenn es 55 000 geworden wären. Es waren 52 000. An der Formel 1 werde seit Jahren kein Euro mehr verdient – „es gibt lediglich einen Imagegewinn“, sagte Seiler.

Nun mag seine Analyse um verlorene Einnahmen wissenschaftlichen Untersuchungen nicht unbedingt standhalten – es ist schließlich leicht, die Schuld auf andere (und das zu heiße oder zu nasse Wetter) zu schieben. Dazu neigen viele Veranstalter, wenn sie nach den Ursachen für einen ärgerlichen Publikumsschwund fahnden.

Man darf Georg Seiler aber zugutehalten, dass seine GmbH nicht allein dafür verantwortlich ist, dass die Formel 1 kein Kassenschlager wie vor 15 Jahren mehr ist. In der Serienvermarktung besteht immenser Nachholbedarf – Promoter Bernie Ecclestone arbeitet mit antiquierten Methoden wie vor 20 Jahren. Der Mann ist 83 Jahre alt und tut sich entsprechend schwer, die neuesten Entwicklungen in Sachen Social Media nachzuvollziehen und für sein Produkt zu nutzen: Die Formel 1 fährt an potenziellen Nachwuchs-Fans vorbei. „Es wird nicht ausreichend in Werbung investiert, eine Strategie für die Neuen Medien existiert nicht“, sagte ein Insider in Hockenheim.

Womöglich sind also weder die Österreicher noch die Brasilianer und nicht einmal die Fußballer schuld an der Hockenheim-Misere. Sondern ein Brite.