Moritz Leitner gilt unter Fans des VfB Stuttgart als Reizfigur Foto: Bongarts

Moritz Leitner hat beim VfB Stuttgart sportlich die Kurve bekommen. Sein Auftreten kommt bei vielen weniger gut an.

Stuttgart - Bei wohl kaum einem Spieler der Roten ist die Diskrepanz zwischen äußerer und innerer Wahrnehmung größer als bei Moritz Leitner. In schöner Regelmäßigkeit liefert der 21-Jährige dem Umfeld neue Angriffspunkte. Da ist vor allem sein bisweilen hochnäsiges Spiel, das mit seinem Auftreten neben dem Platz häufig korrespondiert und in Zeiten allgemeinen Misserfolgs beim Anhang so gut ankommt wie ein Fehlpass beim Anstoß. Jüngster Höhepunkt war die Auskunft nach Spielschluss bei der Niederlage in München: „Da müssen Sie die Älteren fragen“, beschied er den wartenden Journalisten. Auch aktuell wollte er sich nicht äußern. Kurzum: Für den gebürtigen Münchner ist es auf dem Cannstatter Wasen noch ein weiter Weg zum Liebling der Massen.

Da ist aber auch noch der andere Blick auf den Mittelfeldspieler – die Innensicht der Trainer in der Bundesliga und beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Die sportlichen Verantwortlichen halten große Stücke auf den Deutsch-Österreicher – immer schon und nach wie vor. Daran haben seine bislang eher wechselhaften Vorstellungen bei den Roten nichts geändert.

Angefangen bei Jürgen Klopp von Borussia Dortmund, von wo aus Leitner an den VfB Stuttgart bis 2015 ausgeliehen ist. Er hat das Talent 2011 nicht als Mädchenschwarm zur Borussia gelotst, sondern durchaus in dem Zutrauen, dass sich Leitner langfristig beim Vizemeister wird durchsetzen können. Das Ausleihgeschäft mit dem VfB, so war immer mal wieder herauszuhören, hat Klopp inzwischen bereut.

Armin Veh ist dagegen umso glücklicher, einen wie Leitner in seinem an technischen Hochkarätern nicht gerade üppig bestücktem Team zu haben. Er ist einer der wenigen, der ein Spiel lenken und auch mal einen schnellen, überraschenden Pass in die Tiefe spielen kann. Nicht ohne Grund hat sich Leitner im defensiven Mittelfeld inzwischen festgespielt – und das, obwohl er das Verteidigen prinzipiell für überschätzt hält. Diese Schwäche hat auch der VfB-Trainer schon ausgemacht. Er sagt über Leitner: Will er auf Dauer ein richtiger Sechser werden, muss er besser verteidigen. Will er ein Zehner sein, muss er mehr Torgefahr entwickeln.

Derzeit scheint Leitner auf einem guten Weg. Was sich auch auf anderer Ebene zeigt – bei der Nationalmannschaft. Mit der U 21 hat er das Ticket für die EM-Endrunde im kommenden Jahr in Tschechien gelöst. Leitner ist Vizekapitän und eine feste Größe im Team. DFB-Sportdirektor Hansi Flick sieht den Youngster bereits auf dem Sprung zur A-Nationalmannschaft. Die aktuelle Auswahl von Horst Hrubesch gilt als ähnlich stark wie jene, die 2009 den Titel holte – mit zahlreichen späteren Weltmeistern. „In Tschechien wollen wir ein Feuerwerk abbrennen“, kündigte Leitner nach dem entscheidenden 2:0-Sieg gegen die Ukraine an.

Forsche Töne für einen, der in seiner Karriere noch nichts gewonnen hat außer der mehrfachen Auszeichnung als großes Talent. Er ist und bleibt halt ein Lausbub, heißt es (andere sagen verzogenes Bürschle). So oder so: Es bleibt noch genügend Zeit für eine Imagekorrektur.