Ibrahim-Alexander Yüksel will als Modedesigner durchstarten Foto: Lichtgut/Ines Rudel

Morgens mit Post bepackt, tagsüber im Modeatelier, an den Wochenenden zwischen Stars und Sternchen: Der Designer Ibrahim-Alexander Yüksel ist mit der High Society auf Du und Du, verliert aber nicht seine Bodenhaftung.

Esslingen - Ziemlich spartanisch hat es der junge Mann. In seinem 50 Quadratmeter großen Atelier ist es bitterkalt. Sogar die Kaffeemaschine hat deshalb wohl den Geist aufgegeben, vermutet der Jung-Designer Ibrahim-Alexander Yüksel. Die Hinterhof-kulisse in der Esslinger Oststadt steht damit in einem absoluten Kontrast zu dem, was der Mode-Designer entwirft: Prunkvolle Haut-Couture-Kleider, die von Stars wie der Sängerin Miley Cyrus, dem It-Girl Nicole Richie oder Valerie Campbell getragen werden.

Aber nicht nur das Ambiente und die Entwürfe stehen in einem Gegensatz. Ibrahim-Alexander Yüksel lebt ihn tagtäglich. Morgens verteilt er Briefe, dann arbeitet er im Hinterhof an seinen Modellen, und abends feiert er ab und an mit der High Society in Cannes.

Ein Leben zwischen den Welten

Dennoch kann der 32-Jährige nicht vom Designen alleine leben. Er braucht einen Job für den täglichen Broterwerb. „Das Austragen von Briefen erdet mich“, sagt er, „außerdem fängt man als Briefträger früh an und hat so noch viel Zeit für die Arbeit als Designer.“

Mit früh meint Ibrahim-Alexander Yüksel 5 Uhr. Von Mittag an geht er dann oft bis spät in die Nacht hinein seiner Leidenschaft nach. Kein Zuckerschlecken. Aber was tut man nicht alles, wenn man einen Traum hat. Ibrahim-Alexander Yüksel will ganz nach oben.

Der Sohn eines Türken und einer Deutschen sagt von sich, das Entwerfen von Mode sei ihm in die Wiege gelegt worden: „Ich habe Bilder von schön angezogenen Prinzessinnen gemalt und für die Barbies meiner ein Jahr älteren Schwester Kleider genäht.“ Nach diesem Muster arbeitet er heute noch. Eine kleine Puppe, die auf dem Fenstersims steht, verdeutlicht seine Arbeitsweise. Ibrahim-Alexander Yüksel fängt immer klein an. „Da die Stoffe, die ich verwende, oft sehr teuer sind, entwerfe ich die Designs erstmal im Kleinen für Puppen.“

Es sind sogenannte Fashion-Royalty-Puppen. Sie bilden im Verhältnis die perfekten Modelmaße von 90-60-90 ab. Sobald Yüksel mit einem Designentwurf zufrieden ist, näht er daraus ein lebensgroßes Kleid in Handarbeit. Das kann Wochen dauern und hat am Ende seinen Preis: Yüksels Kreationen, die derzeit in drei Luxusboutiquen in Cannes ausgestellt sind, kosten teilweise über 10 000 Euro. Aber Yüksel hat auch günstigere Stücke in seinen Kollektionen.

Normalsterbliche haben bei solchen Partys keinen Zutritt

Der Mode-Briefträger entwirft nicht nur tolle Klamotten, er trägt sie auch selbst. „Vor allem auf Partys kleide ich mich extravagant“, sagt er, „denn hier ist meine Klientel.“ Normalsterbliche haben bei solchen Partys keinen Zutritt. Bei Ibrahim-Alexander Yüksel ist das anders. Er kennt das Sesam-öffne-Dich. Es sind die guten Kontakte zu den Promis. Die Masche zieht auch bei einem Luxusnachtclub in Düsseldorf. „Wer dort hinein will“, sagt er, „muss mit einem unterwegs sein, den man dort kennt, sonst hat man dort keine Chance.“

Die Betriebsausgaben an so einem Abend sind immens. „Die Getränke sind dort sehr teuer. Um mithalten zu können und um ins Gespräch zu kommen, muss man schon mal einige Hundert Euro am Abend ausgeben“, sagt er. Doch die Investitionen lohnen sich. Zuletzt knüpfte der Esslinger Kontakt mit dem Chefeinkäufer der Boutiquen in Cannes. Er hat inzwischen Yüksels Mode ins Sortiment aufgenommen. Übrigens: Für solche Fälle hat Yüksel immer zwei Koffer mit seinen Designerstücken für die Modenschau zwischendurch dabei.

Es ist kein leichter Weg, sich in dieser Branche durchzuboxen. „Anfangs habe ich alle Zeitungen in der Gegend abtelefoniert. Nicht eine hat sich für mich und meine Mode interessiert“, erinnert sich Yüksel. Ein kleiner Durchbruch gelang ihm erst 2008 bei der Fashion Week in Zagreb. Dort präsentierte er seine Arbeiten zum ersten Mal vor einem größeren Publikum. Seitdem geht es bergauf für Yüksel. Nebenbei entwirft er Braut- und Beachmode sowie Herrenanzüge.

Und dennoch kann er nicht alleine von der Mode leben. Solange er diese Sicherheit nicht hat, wird er weiter Post austragen. Sein Ziel ist freilich, „den Briefträger-Job irgendwann einmal an den Nagel zu hängen“.. Wann das sein wird, steht in den Sternen. Sicher ist nur: Er kommt ihm aber Schnitt für Schnitt näher.