Spurensicherung nach der Tat in einer Metzgerei in Donzdorf. (Archivfoto) Foto: SDMG

Eine junge Mutter wird vor den Augen ihrer kleinen Kinder von ihrem Ex-Partner in einer Metzgerei in Donzdorf niedergestochen. Der 37-jährige Täter erhält dafür die Höchststrafe.

Ulm - Es ist kurz nach halb acht am Morgen des 4. April im schwäbischen Örtchen Donzdorf, eine junge Mutter ist mit ihren drei kleinen Jungs zu Fuß auf der Hauptstraße unterwegs. Die 25-Jährige will mit ihnen in den Kindergarten. Nach der Trennung von ihrem Ex hat sie einen neuen Partner gefunden. Sie ist wieder schwanger, in der 13. Woche, will bald heiraten. Plötzlich taucht ihr früherer Freund auf. Die beiden streiten. Der 37-Jährige zieht ein Messer.

Die Frau flüchtet in eine nahe Metzgerei. Dort holt er sie ein. Er sticht mit aller Kraft auf ihren Körper ein. Sie sinkt blutend zu Boden. Er zieht ihren Kopf an den Haaren wieder hoch und macht weiter - 21 Mal, bis sie sich nicht mehr rührt. Mehrere Menschen in der Metzgerei müssen die Tat mit ansehen. Auch die kleinen Kinder sehen zu, wie ihre Mutter stirbt. Sie sind drei, fünf und sechs Jahre alt.

Der Fall von Donzdorf schockiert die Öffentlichkeit. Die Staatsanwaltschaft verlangt lebenslange Haft. Nach Auffassung des Gerichts ermordete der Mann seine Ex-Partnerin - heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen. „Er konnte es nicht ertragen, dass sie sich einem neuem Mann zugewandt hat“, sagte Richter Gerd Gugenhan am Montag. Sie habe sich nicht wehren können. Die Verteidigerin hatte hingegen auf zwölf Jahre Haft wegen Totschlags plädiert.

Dramatische seelische Folgen für die Kinder

Jugendpsychiater Lutz Goldbeck hatte in dem Prozess die dramatischen seelischen Folgen für die hinterbliebenen Kinder aufgezeigt. Der Dreijährige zeige Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung, die älteren beiden Jungen hätten ähnliche Symptome. Die Kinder seien froh, dass sie „die Schrecken des Zusammenlebens in der Familie“ hinter sich lassen konnten, sagte Goldbeck. Er gehe davon aus, dass die Tötung der Mutter die letzte Eskalation von Gewalthandlungen in der Familie war.

Täter und Opfer waren von 2008 bis 2015 liiert. Immer wieder kommt es zur Gewalt. Der 27-Jährige schlägt Frau und Kinder. Mit der Trennung wird das Verhältnis nicht einfacher: Er stellt ihr nach, schreibt ihr Hunderte Nachrichten. Eigentlich darf er sich ihr gar nicht mehr nähern, sie nicht mehr anrufen. Doch er setzt sich wieder und wieder über ein gerichtliches Annäherungsverbot hinweg. Staatsanwalt Stefan Adamski spricht von „permanentem Psychoterror“ und „absolutem Besitzanspruchsdenken“. Dann erfährt er von ihrer Schwangerschaft.

Am 4. April steigt der 37-Jährige mit einem Messer bewaffnet in den Bus und fährt zum Tatort. Er tötet die Mutter und verabschiedet sich von seinen kleinen Jungen mit einem Kuss auf die Stirn. In einem nahegelegenen Supermarkt kauft er Alkohol und Zigaretten und betrinkt sich. Kurz darauf nimmt die Polizei ihn mit fast vier Promille fest. Vor Gericht will er sich nicht mehr an die Tat erinnern. Er sei aber organisiert und zielgerichtet vorgegangen, urteilte Gugenhan.

Anwältin: „Blackout“ und „Verzweiflungstat“

Die Anwältin des 37-Jährigen, Corinna Nagel, spricht hingegen von einem „Blackout“ und einer „Verzweiflungstat“. Die Messerstiche seien nicht geplant gewesen. Die Ex-Freundin habe ihn vorher immer wieder provoziert und mit der Gewalt rechnen müssen. Die Anwältin spricht nicht nur von schwierigen Lebens- und Familienverhältnissen ihres Mandanten, sondern auch von anderen Sitten und einem aus seiner türkischen Heimat mitgebrachten Wertgefüge.

Die Mutter des 37-Jährigen habe den Angeklagten zudem geradezu angestachelt. Sie soll gesagt haben, dass sie stolz wäre, wenn er seine Ex-Freundin umbringen würde. Dann würde er zwar ins Gefängnis gehen, aber immerhin sei er dann ein echter Mann. Die Anwältin will in Revision gehen. Der Angeklagte gab bereits nach den Plädoyers an, die Tat zu bedauern: „Möge ihr Platz das Paradies sein, ich akzeptiere meine Schuld.“