Bei Konstantin Weckers Liedern sang nicht nur Margot Käßmann begeistert mit. Foto: Alexandra Kratz

Am Sonntag hat der Kirchentag mit einem Gottesdienst auf dem Wasen geendet. Auch auf den Fildern gab es zahlreiche Veranstaltungen. Margot Käßmann und Konstantin Wecker stellten in der Möhringer Martinskirche ihr Buch „Entrüstet Euch!“ vor.

Möhringen - Für Ernst-Martin Lieb war es ein ungewohnter Anblick. So voll hatte er die Martinskirche noch nie erlebt. „Aber ich freue mich trotzdem“, sagte der Pfarrer zu Beginn der Konzertlesung am Samstagabend. Im Mittelpunkt stand das im März erschienene Buch „Entrüstet euch! Warum Pazifismus für uns das Gebot der Stunde bleibt.“

Die Veranstaltung sei unter schwierigen Bedingungen zustande gekommen, sagte Henning Zierock. Er ist der Vorsitzende der „Gesellschaft Kultur des Friedens“, welche zu der Buchvorstellung geladen hatte. Dem Deutschen Kirchentag sei die Veranstaltung mit der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands und dem pazifistischen Liedermacher zu politisch gewesen, weshalb man keinen Platz im offiziellen Programm bekommen habe. „Die dachten wohl, Wecker und Käßmann könnten dem Frieden Beine machen“, sagte Zierock. Aber die Möhringer Gemeinde habe die Türen geöffnet, damit der Frieden einen Platz finde.

Platz fanden allerdings nicht alle, jedenfalls nicht in der Martinskirche. Die 1050 Plätze reichten bei Weitem nicht. Damit hatten der Veranstalter und die Gemeinde gerechnet. Darum standen auf dem Oberdorfplatz Biertischgarnituren, und durch Lautsprecher drangen die Texte und Lieder nach draußen. Gedrängel gab es trotzdem. Die „Gesellschaft Kultur des Friedens“ hatte sich überlegt, dass die Hälfte der Plätze für die Möhringer sein sollte. Und die andere Hälfte für diejenigen, die am Nachmittag bei der Protestkundgebung vor den Kelley Barracks in Möhringen waren. Darum verteilten sie vor der Kirche Bändchen quasi als Eintrittskarten. Nur ließ sich zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr sagen, wer auf der Demo gewesen war und wer nicht.

Doch spätestens als sich Konstantin Wecker an den Flügel setzte und wahrlich virtuos seine Hommage an die Geschwister Scholl, niedergeschrieben in seinem Lied „Die weiße Rose“, präsentierte, war aller Ärger vergessen. Dann ergriff Käßmann das Wort: „Deutschland schickt sich wieder an, im Namen der Freiheit zu morden. Der Mord am Kundus hat uns gezeigt: Wir sind wieder im Krieg.“ Dies sei eine der Motivationen für das Buch gewesen.

In diesem sind nicht Texte und Gedichte von Käßmann und Wecker zu finden, sondern von vielen Persönlichkeiten, die sich für den Frieden engagierten, von Erich Kästner, Wolfgang Borchert und Georg Heym bis hin zu der Publizistin und ehemaligen Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags Antje Vollmer.

In ihrer Rede sagte Käßmann: „Wenn ich mich als Frau der Kirche für den Frieden engagiere, dann wird mir oft die gesamte Kirchengeschichte entgegengehalten. Die habe ihre Schattenseiten. „Ich bin überzeugt davon, dass unsere Kirchen immer in die Irre gegangen sind, wenn sie einen Krieg als gerecht legitimiert haben.“ Der Krieg sei niemals Ultima Ratio, sondern das Ende aller Vernunft. Und Krieg sei niemals die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln (Carl von Clausewitz), sondern das Ende aller Politik. Käßmanns Fazit: „Es gibt keine gerechten Kriege und schon gar keinen Heiligen Krieg. Der Weg zum Frieden kann niemals durch Krieg führen, sondern immer nur durch Frieden.“