Die sogenannte Rauschbrille der Foto: Sabine Schwieder

Am Wochenende haben Bürger nüchtern ausprobieren dürfen, was Alkohol bewirkt.

Stuttgart-Möhringen - Möhringen ist nicht gerade ein Brennpunkt“, sagte der Bezirksvorsteher Jürgen Lohmann, „aber wir hatten in den vergangenen Jahren durchaus Probleme mit jungen Erwachsenen, die sich im Kaufland mit Alkohol eingedeckt haben. Dann lagen Flaschen herum, Nachbarn haben sich beschwert“. Deshalb habe man einen runden Tisch gebildet und das Projekt in die Wege geleitet – das Projekt zur Alkoholprävention.

Neben dem Bezirksamt beteiligten sich der Jugendrat, die Polizei, die Jugendhäuser Möhringen und Fasanenhof, die Suchtberatungsstelle „Release Stuttgart“ sowie die Firma Kaufland, auf deren Gelände am vergangenen Freitag Informationsstände aufgebaut waren. Für die von der Lebensmittelkette gesponserten alkoholfreien Cocktails – von Jugendlichen gemixt und angeboten – war es an diesem Abend aber fast zu kalt, nicht jeder Besucher griff zu einem Becher.

Die Sehhilfe simuliert eine Promillezahl von etwa 1,3

Dichter umlagert war der Stand des Polizeireviers Vaihingen/Möhringen, an dem ein „Rauschbrillen-Parcours“ zu absolvieren war. Die Sehhilfe im umgekehrten Sinn simuliert eine Promillezahl von etwa 1,3. Die Teilnehmer mussten einen kleinen Parcours ablaufen – und waren durchwegs erstaunt, wie problematisch es war, die Pylonen richtig anzusteuern oder sicher auf einer geraden Linie zu laufen.

„Schwieriger als ich erwartet habe, man sieht alles nur noch verschwommen und doppelt“, sagte ein Jugendlicher, der sich unter dem Gelächter der Umstehenden von Station zu Station hangelte und abschließend versuchen musste, verschiedene Plastikformen durch entsprechende Löcher zu stecken. Ein Kinderspiel eigentlich, allerdings nicht ohne klaren Durchblick. „Würden Sie jetzt noch mit dem Auto fahren?“, fragte ihn der Polizeioberkommissar Stefan Geiß. „Lieber nicht“, war die Antwort.

Selbst Erwachsenen sind die Auswirkungen oft nicht bewusst

Ein Test wie dieser eignet sich, aus der Theorie Praxis werden zu lassen. Denn selbst Erwachsenen sind die Auswirkungen von Alkohol oft nicht bewusst. Für Fahranfänger und Autofahrer unter 21 Jahren liegt die Promillegrenze ohnehin bei 0,0. „Eigentlich sollte das für alle gelten“, sagte Stefan Geiß, „wenn ich getrunken habe, gehöre ich nicht ans Steuer“. Wird man mit 0,3 bis 0,49 Promille erwischt, gibt es keine Strafe – zumindest, solange es zu keinem Unfall gekommen ist. „Man muss aber auch bedenken, dass es schnell Probleme mit der Versicherung gibt“, warnte der Polizist.

Ist Alkohol jedoch bei einem Unfall im Spiel, ist der Führerschein für eine Weile weg. Ab 0,5 Promille liegen „relative Fahruntüchtigkeit“ und eine Ordnungswidrigkeit vor, und dies kann schon mit einem Bier erreicht sein. Die Folge: Bußgeld, Punkte im Verkehrszentralregister und ein Monat Fahrverbot. Das Risiko, alkoholisiert einen Unfall zu verursachen, ist bereits hier in etwa doppelt so hoch wie im nüchternen Zustand. „Ab 1,1 Promille ist der Führerschein weg“, stellte der Polizeioberkommissar klar.

„Natürlich gehört Alkohol zum Erwachsenwerden dazu“, zeigte er Verständnis für die Jugendlichen und ihr Bedürfnis, sich auszuprobieren, „aber man muss die Grenzen seines Körpers kennen. Und wissen, dass ein sogenannter Alcopop schon zwei Schnäpsen entspricht“. Sein Rat an die jungen Erwachsenen: „Es ist geschickter, wenn wenigstens einer in der Gruppe nicht trinkt und auf die anderen aufpasst.“