Sebastian Engelmann im Moderatorentraining: Petra Kiedaisch, Verlagschefin Avedition, Marie Quattlender, Hochschulkommunikation DHBW, und Stefanie Stegmann, Leiterin Literaturhaus Stuttgart, diskutieren über „Frau und Karriere“ (v. l.). Wieland Backes im Hintergrund gibt Feedback. Foto: lmo

Am Institut für Moderation können Medienschaffende das Handwerk des Moderierens lernen und mit einem anerkannten Zertifikat abschließen.

'Der Zuschauer muss kurz zum Thema hingeführt werden. Trotz Ihrem längerem Zitat am Anfang ist dies gelungen.' Wieland Backes, Fernsehjournalist und Gastgeber der erfolgreichen SWR-Talkshow 'Nachtcafé', analysiert den Gesprächseinstieg von Sebastian Engelmann. Der Journalist hat just in einem Studio des Südwestrundfunks SWR die Sendung 'Schlaflos im Südwesten' moderiert. 30 Minuten hat der 29-Jährige mit seinen Talkgästen, Avedition-Verlegerin Petra Kiedaisch, Literaturhaus-Chefin Stefanie Stegmann sowie Marie Quattlender, Kommunikationsleiterin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, über 'Frau und Karriere' gesprochen.

Gesendet wird dies indes nicht: Der Talkworkshop ist Teil der Ausbildung, die Engelmann am Institut für Moderation (Imo) an der Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) macht. Backes gehört mit Journalistikprofessor Stephan Ferdinand zu den Direktoren des 2009 gegründeten Imo, leitet ehrenamtlich das zwölf Monate dauernde Qualifikationsprogramm, das mit dem anerkannten Zertifikat 'Moderator (HdM)' abschließt. Die Weiterbildung ist akademisch angegliedert, das macht sie einzigartig: Junge Journalisten, Reporter oder der Nachwuchs aus der Medienbranche können sie extern berufsbegleitend oder als ein Schwerpunkt im HdM-Masterstudiengang Elektronische Medien absolvieren. Voraussetzung: ein Studienabschluss, journalistische Erfahrung oder Moderationspraxis. Die maximal 15 Teilnehmer werden von einer Jury gecastet.

'Ich war mit den Vorgesprächen nicht ganz zufrieden, zu wenig Zeit'

Mit im Boot ist die Stiftung Akademie für gesprochenes Wort, deren Mitglieder die Kultur der freien Rede vermitteln. Und auch bei dem Talkworkshop im Stuttgarter SWR-Gebäude hören Akademiegründerin Uta Kutter und Vorstandsmitglied Annikke Fuchs-Tennigkeit genau hin, wie die Jungmoderatoren unter realen Bedingungen sprechen: Zuschauer im Studio, Kameras, Maske, Regie. 'Sich nicht gehenlassen, während die Talkgäste vorgestellt werden, ihr seid im Zwischenschnitt zu sehen', warnt die Bildmischerin, während im Studio ein Produktionsassistent auf die Digitaluhren schräg vor dem Podium verweist. 'Sie zählen die 30 Minuten der Sendung hoch.' Wie zuvor schon Martin Besigmann, Chef vom Dienst beim 'Nachtcafé', und Lina Lang, HdM-Masterstudentin, hat Engelmann den Probetalk und das Zeitlimit gemeistert. Nun sitzt er mit Wieland Backes im Einzelcoaching.

'Ich war mit den Vorgesprächen nicht ganz zufrieden, zu wenig Zeit', so der Nachwuchsmoderator. Backes nickt: 'Recherche ist das A und O. Ich muss die Werdegänge kennen.' Wenn ein Gast mit einer Anekdote aus dem eigenen Leben antworte, müsse man mitgehen können, dabei aber stets dem roten Faden folgen. 'Der Moderator ist Gastgeber, nicht Mittelpunkt. Er muss ein Thema verständlich vermitteln - über die Gäste.' Was sich einfach anhört, ist es nicht. Wie den Redefluss eines Gastes stoppen? Wie jedem auf dem Podium gleich viel Aufmerksamkeit widmen und den Spannungsbogen halten? 'Man muss die Zeit für Fragen und Antworten abschätzen lernen. Moderieren ist üben, üben, üben', so Backes. Auch Engelmann hat manchen Aspekt zu lang beackert. Aber Backes ist zufrieden. 'Sie sind ein ganz eigener Typ, das müssen sie kultivieren, aber nicht überkultivieren.'

'Du bist kein Werwolf - Leben in der Pubertät'

Und Imo-Projektleiterin Christiane Delong betont, dass es nichts bringe, eine Rolle zu spielen oder bekannte Moderatoren nachzumachen. 'Das hat nichts mit besser oder schlechter zu tun, es gilt herauszufinden, was einem liegt.' Wie unterschiedlich die angehenden Moderatoren sind, zeigt sich beim Intensivkurs 'Online-Moderation, Branded TV & Social TV', den Christiane Henning einen Samstag lang an der HdM gibt. Wird doch das Internet für Moderatoren, als 'Arbeitsplatz' und Selbstvermarktungsplattform immer wichtiger. Henning moderierte die Internet-Kultsendung 'Ehrensenf', macht für den Comedian Kaya Yanar Straßeninterviews oder führt im Kinderkanal KiKa durch 'Du bist kein Werwolf - Leben in der Pubertät'. Die Kölnerin schickt die Teilnehmer raus, um mit Kamera und Mikrofon spontan Interviews zu führen.

Deutlich wird, wer eher der Typ für das Gespräch oder den lockeren Austausch ist, wie etwa Laura Terberl. Sie plant einen Internet-Beziehungsratgeber für junge Menschen. 'Bei dir Plaudertasche kann ich mir das gut vorstellen', bestärkt sie Henning nach Sichtung des Straßentalks und sagt: 'Bleibt eurer Persönlichkeit treu, ihr müsst eure Nische gegenüber der Masse der Fließbandmoderatoren finden.' Das will auch Alex Bressel. Noch arbeitet der 26-Jährige als Journalist im Printbereich, er will aber vor die Kamera. 'Die Ausbildung ist praxisnah', schwärmt er. 'Du lernst von Profis.' So gibt es neben Exkursionen und Kursen wie Rhetorik, Ethik in der Moderation, Improvisation, Körpersprache, Umgang mit dem Teleprompter sowie Sprecherziehung oder Stimmbildung auch Werkstattgespräche mit bekannten Fernsehmoderatoren.

'Wir trafen RTL-Chefredakteur Peter Klöppel oder waren mit Manuel Andrack, einst ,Harald Schmidt Show?, wandern', so Bressel. Und beim SWR in Mainz schlüpfen sie in die Rolle von Fritz Frey als Moderator des ARD-Politmagazins 'Report Mainz'. Nicht nur Bressel fiebert hin auf den Abschluss des Qualifikationsprogramms: die Moderation einer 90-minütigen Live-on-Tape-Talkshow mit prominenten Gästen. Sie wird im ARD Digitalprogramm Eins plus ausgestrahlt.