Pauline Rempp, wenn sie mal nicht lernt Foto: Joris Haas

Pauline Rempp verpasst dank der Unterstützung durch Mitschüler und Lehrer nur wenig. Die Schülerin der Cotta-Schule im Stuttgarter Osten wurde mit 13 Jahren zum ersten Mal von einem Scout angesprochen.

Cotta-Schule - In diesen Tagen beginnt auch an der Cotta-Schule im Stuttgarter Osten das neue Schuljahr. Hunderte von Schülerinnen und Schülern müssen sich wieder an den Schulalltag gewöhnen, unter ihnen auch Pauline Rempp. Allerdings wird der Alltag der angehenden Abiturientin auch in diesem Schuljahr etwas anders aussehen, als bei ihren Mitschülern – sie wird nicht immer da sein.

Wie eine Märchen-Geschichte aus Hollywood

Pauline Rempp, Jahrgang 1995, ist ein gefragtes Fotomodell und deswegen immer wieder in der Weltgeschichte unterwegs. Mal ist es nur ein Tag, mal ein Wochenende, manchmal auch eine ganze Woche. Dass sie ihr Abitur trotzdem machen kann, ist zum einen ihrer Disziplin zu verdanken, die ihre Lehrer ihr hoch anrechnen. Zum anderen dem Entgegenkommen der Schule und dem Engagement der Lehrer, die ihr ermöglichen, den verpassten Stoff nachzuholen und auch Klassenarbeiten nachzuschreiben. Dass es so kam, klingt ein bisschen wie eine dieser Märchen-Geschichten, die so gerne in Hollywood verarbeitet werden.

Als Pauline 13 Jahre alt war, bummelte sie bei einer Reise eines Tages mit ihrer Mutter durch Hamburg. Plötzlich seien sie in der Fußgängerzone von einem Fremden angesprochen worden. Er fragte, ob sie, die 13-Jährige, nicht modeln wolle. Das kam wie aus heiterem Himmel – und Pauline lehnte ab. „Ich wollte das alles nicht“, sagt sie heute. Ein Jahr später, diesmal in der Königstraße in Stuttgart, wiederholte sich die Geschichte. Diesmal sprach ein Scout der Stuttgarter Agentur Brodybookings Pauline und ihre Mutter an. Jetzt war sie neugierig. „Ich wollte wissen, wie das ist, und ob ich den Job tatsächlich bekomme“, erzählt sie. Also ging sie hin, ließ sich fotografieren und in die Kartei aufnehmen. Dann passierte ein Jahr lang nichts.

Die Mittlere Reife genügte ihr nicht

Zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, direkt vor einer Mathearbeit der damaligen Realschülerin, kam plötzlich doch ein Anruf. Eine international bekannte Modelagentur wollte Pauline buchen, am besten sofort und am liebsten für ein Fotoshooting eine Woche lang in Japan. „Das war damals aber keine Option“, sagt die heute 19-Jährige. Aber es war ein Anfang. In ihrem Abschlussjahr an der Realschule konnte sie zu Engagements in Paris und zur Fashion Week nach Berlin, das allerdings auch nur unter erschwerten Bedingungen, weil ihre Abschlussprüfungen anstanden.

Nach der bestandenen Mittleren Reife hatte Pauline Rempp erst einmal Zeit für Aufträge in aller Welt. Berlin, Paris, Madrid, New York – sie war überall, genoss das Reisen, und sie war erfolgreich. Allerdings genügte die Mittlere Reife der jungen Frau und guten Schülerin nicht. Sie wollte Abitur machen. Also bewarb sie sich am Wirtschaftsgymnasium der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule, einer kaufmännischen Schule mit fünf Schularten, mehr als 1300 Schülerinnen und Schülern – und vielen Leistungssportlern. Die Cotta-Schule ist Eliteschule des Sports und wird von vielen jungen Leistungssportlern besucht, die dort ihren Sport und die Ausbildung verbinden können.

Pauline wurde angenommen und nahm in der 11. Klasse nur solche Aufträge an, die an Wochenenden oder in den Ferien lagen. In der 12. Klasse änderte sich das, die Anfragen häuften sich. Bis dahin wusste in der Schule außer einer Mitschülerin niemand von ihrem sozusagen zweiten Leben außerhalb der Schule.

Eine Schülermentorin sammelt das Material

Irgendwann bekam Frank Radojewski, der an der Cotta-Schule auch die Sportler unter den Schülern betreut, einen Hinweis auf Pauline Rempp und sprach sie an. Nach einigen Gesprächen mit der Schulleitung und im Lehrerkollegium war klar, dass die Schule ihr ähnliche Möglichkeiten bieten wollte, wie den Sportlern. In diesem Fall allerdings auf Eigeninitiative, für die Sportler gibt es Zuschüsse der Sportverbände und des Landes. Seitdem ist Pauline Rempp auch mal eine ganz Woche weg, ohne allzu viel zu verpassen. Eine sogenannte Schülermentorin sammelt alles Material für Pauline mit und schickt es ihr per E-Mail oder übergibt ihr nach ihrer Rückkehr einen entsprechenden Ordner. So kann die 19-Jährige nacharbeiten. Fallen eine Klassenarbeit und ein Fotoshooting zusammen, gibt es einen Nachholtermin, wie für die Sportler auch, die regelmäßig zu Europa- oder Weltmeisterschaften müssen.

„Ich sage viel ab“, sagt Pauline Rempp. Wenn es allerdings um größere Reisen geht, fällt ihr das besonders schwer. Auf eine Klassenfahrt nach Istanbul zum Beispiel musste sie verzichten, da war sie in New York gebucht. Frank Radojewski und die Schulleiterin Birgit Jaeger-Gollwitzer sagen: „Pauline könnte Schule und Job nicht miteinander vereinbaren, wenn sie nicht so ein disziplinierter Mensch wäre.“ Deswegen bekommt die konstante Zweier-Schülerin auch die Unterstützung. Umgekehrt sagt Pauline Rempp: „Es ist eine super Sache, dass ich hier beides machen kann. Für mich ist es ein großes Glück, hier an der Schule sein zu können.“

In einem halben Jahr steht das Abitur an. Später könnte sie sich vorstellen, Betriebswirtschaftslehre mit Marketing-Schwerpunkt zu studieren, natürlich möglichst in Richtung Mode. Allerdings ist sie inzwischen bei einer größeren internationalen Model-Agentur in Hamburg, die Aufträge in der ganzen Welt ermöglicht. Vielleicht muss das Studium dann noch warten.