Gekrempelt, nicht gekürzt - Jogi Löw im Hemd Foto: Baumann

Im Hochsommer greift der Schlipsträger gern zum Kurzarmhemd. Darf er das? StN-Anzugträger Tom Hörner kennt die Antwort.

Stuttgart - Allein schon, weil das Hemd dem Mann näher ist als der Rock, müssen wir uns dringend mal mit dem naheliegenden Kleidungsstück beschäftigen. Auch deshalb, weil die Hitze der nächsten Tage zu merkwürdigen Kombinationen führen und man in Büros und im Umfeld von Banken wieder auf Männer in kurzärmligen Hemden mit Schlips treffen wird.

Das geht gar nicht, sagen unisono sämtliche Stilberater auf diesem Planeten. Wer auf den Geschmack von professionellen Besserwissern nichts hält, der stelle sich im Kurzarmhemd mit Schlips vor den Spiegel: Freigelegte Unterarme und ein Knoten um den Hals sind sowohl in modischer wie thermischer Sicht ein Widerspruch und geben kein wirklich schönes Bild ab. Man trägt ja zum feinen Anzug auch keine Gummistiefel – außer man ist Politiker und will in einem von einer Flut heimgesuchten Landstrich auf Stimmenfang gehen.

Von den Menschen in Malaysia kann man den lockeren und korrekten Umgang mit Hemden in der heißen Jahreszeit lernen. In dem südostasiatischen Land gibt es das sogenannte Local Shirt, ein nicht zu eng geschnittenes, mit feinen Batikmustern bemaltes Kurzarmhemd aus Baumwolle oder Seide, das man genauso über dem Sarong wie über der Hose tragen kann. Mit einem Local Shirt, sagen die Malaysier, bist du immer korrekt angezogen, egal, ob du zum Fischfang, in die Moschee oder zum Präsidenten gehst.

Was für den Malaysier der Präsident ist, ist für den Deutschen der Bundestrainer – und dem haben wir Langarmhemdenträger weit mehr als nur einen WM-Titel zu verdanken. Was haben wir nicht alles schon für Diskussionen über uns ergehen lassen müssen. Dabei wollten wir einfach nur die Welt mit hochgekrempelten Hemdsärmeln aus den Angeln heben. Und zwar über die Ellbogen hinaus! Ärmel umschlagen sei okay, behaupteten modesachverständige Damen, aber die Ellbogen müssten bedeckt bleiben. Dem schlagenden Argument, das sehe nicht nur rattenscharf aus, sondern fühle sich auch so an, wurde kein Gehör geschenkt.

Seit Jogi Löw das erste Mal hemdsärmelig am Spielfeldrand aufgetaucht ist, können wir uns die Gegenrede sparen. Schließlich wissen wir einen Mann an unserer Seite, den die „Welt“ bereits 2008 zum „Fashion-Gott“ erklärte und über den der Designer Michael Michalsky im selben Jahr sagte: „Wenn die Nationalmannschaft so spielt, wie er sich kleidet, dann müssten wir die EM gewinnen.“ Das hat die Mannschaft dann leider nicht getan.