Das Google-Auto ist eines der selbstfahrenden Autos, die Stuttgarts OB Sorgen bereiten Foto: dpa

Wer sich automobil durch Stuttgart quält, steht oft im Stau. OB Fritz Kuhn will das ändern. Der Grüne will mehr für den Radverkehr tun. Leicht wird das nicht: „Ich erwartet eine starke Auseinandersetzung mit den Autofahrern“, sagt der Oberbürgermeister.

Stuttgart - Mobil in die Zukunft, aber wie? Diese Frage beantworteten Podiumsgäste der Volkshochschule beim Mobilitätstag im Treffpunkt Rotebühlplatz. Einig sind sie sich darin, dass sich der Elektroantrieb in den nächsten 20 Jahren als Standard durchsetzen wird.

Fritz Kuhn und der Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) drängen auf mehr innerstädtischen Radverkehr und den weiteren Ausbau von Bus und Bahn. In 30 bis 40 Jahren, sagt Hermann, werde man insgesamt einen deutliche geringeren Anteil des Individualverkehrs haben. „Das mit dem autonomen Fahren wird dauern“, sagt der Minister.

Das ist aber weniger eine Feststellung als seine Hoffnung. Denn wenn Autos ohne Fahrer sicher unterwegs sein könnten, dann würden sie sich unbemannt zum Wunschort des Nutzers dirigieren lassen. Für Hermann eine Horrorvorstellung. „Wenn die leer fahren, würde das den Besetzungsgrad unter eins drücken“, befürchtet er. Das wäre mehr statt weniger Individualverkehr.

Für Kuhn ist die Vision ein mittlerer Albtraum

Alexander Mankowsky, Zukunftsforscher bei Daimler, dem Unternehmen, dass das autonome Fahren stark vorantreibt, macht Hermann wenig Hoffnung. Automatisiertes Fahren mache „die Zwischenstädte interessanter“, sagt der Soziologe. Die tägliche Pendelei würde weniger stressig. Also pendeln noch mehr Menschen mit dem Auto?

Für Kuhn ist diese Vision ein mittlerer Albtraum. „Wir müssen überflüssigen Verkehr vermeiden“, sagt er im gut besetzten Bosch-Saal. Und weiter: „Wenn ich diese Dinger von Google sehe, bekomme ich Krämpfe“. Der Internet-Gigant testet in den USA unbemannte Fahrzeuge, deren rundliches Styling ein wenig an den automobilen Nachkriegs-Minimalismus einer BMW-Isetta erinnert.

Die Stuttgarter Taxi-Zentrale hat angekündigt, bei der Landtagswahl eine Wahlempfehlung gegen die Grünen zu geben. Sie seien mit ihrem Radewegebau Schuld an Staus. „Ich habe vor drei Jahren eine Stadt übernommen, die beim Radverkehr nicht viel zu bieten hat“, verteidigt sich Kuhn. Er spüre „viel Aggressivität in der Debatte“, aber er werde mehr Radwege bauen.

E-Mobilität ist die Zukunft

Schmalere Fahrspuren durch Radwege seien kein Nachteil, sagt der Verkehrsexperte Heiner Monheim. „Autofahrer empfinden das zwar als Angriff“, sagt er, schmalere Spuren minderten aber Geschwindigkeitsdifferenzen, es könnten mehr Autos fahren.

Bei der E-Mobilität gibt es Einigkeit. Sie sei die Zukunft. Mankowsky rät den Politikern, den Wandel sichtbarer zu machen. E-Tankstellen müssten besser gestaltet werden, einfache Dinge wie Hinweisschilder fehlten. Design sei nicht alles, sagt Wilhelm Bauer, Professor am Fraunhofer-Institut, aber man könne Elektromobilität zum Lifestyle machen. Wichtig sei auch, die ständige Erreichbarkeit zu sichern. Unterwegs eine Internetverbindung zu haben, sei bei Umfragen das meistgenannte Kriterium.

Angesichts der Technikvisionen könnten die aktuellen Stau- und Schadstoffprobleme fast untergehen. Doch sie sind brennend. Ab Januar 2016 werde es Feinstaubalarm geben, sagt Kuhn, ab 2018 könnten Fahrverbote kommen. Durch den von Volkswagen ausgelösten Abgasskandal „hat sich etwas geändert“, so Kuhn. „Die Umweltseite des Autos stehe nun im Vordergrund“. Die Politik werde als Konsequenz neue Umweltstandards setzen, so Hermann. Er will künftig Autos im normalen Fahrbetrieb messen: „Das muss laufen wie bei einer Dopingprobe.“