Computeruhren und andere Wearables stellen auf dem Mobile World Congress in Barcelona Smartphones in den Schatten. Im Bild die Huawei Watch. Foto: EFE

Mit interaktiver Grafik - Computeruhren und Wearables kommen auf der Mobilfunkmesse in Barcelona groß heraus. Doch die größten Weichenstellungen finden beim mobilen Zahlen statt.

Fernbedienung Smartphone

Das Smartphone steuert immer stärker unseren Alltag. Es ist unser universeller Begleiter, das Allzweckmittel, wenn wir von unterwegs einkaufen, kommunizieren oder Geschäfte machen. Allein in Deutschland werden dieses Jahr geschätzt rund 25 Millionen Computerhandys verkauft. Die Hersteller auf der Mobilfunkmesse in Barcelona rüsten es für diese Aufgaben immer weiter auf. Die Spitzenmodelle haben schon als Standard den Datenturbo LTE an Bord. Der Nahfunkchip NFC soll das kontaktlose Bezahlen ermöglichen. Sensoren messen Schritte und Blutdruck. Auf extragroßen Bildschirmen lassen sich bequem Videos anschauen. Es reagiert auf Stimme und Gesten. Das alles wird mit einer Internetverbindung möglich, die Daten werden auf Superrechnern verarbeitet und oft auch gespeichert.

Da schon die Smartphone-Generationen der vergangenen zwei Jahre so viel bieten, versuchen die Hersteller mit Extras zu punkten. Bei Samsungs S6 Edge lassen sich Nachrichten auch ablesen, wenn das Smartphone auf dem Tisch liegt – der über die Seitenkante reichende Bildschirm macht es möglich. Außerdem reichen zehn Minuten Ladezeit für vier Stunden Betrieb aus. HTC will mit seinem neuen Spitzenmodell One M9 vor allem mit einer 20-Megapixel-Kamera und superscharfen Videoaufnahmen punkten. LG präsentierte eine Neuauflage seines gebogenen Spitzenmodells, das sich besonders gut halten lassen soll – das Flex 2.

Auffallend: Zum Messeauftakt wurden mehr Neuheiten bei Computeruhren und Technik zum Anziehen präsentiert als bei den Smartphones. Ein Abgesang auf das Computerhandy zu singen wäre aber völlig falsch. Denn die neuen Produkte werden fast immer von den Smartphones gesteuert.

Computeruhren

Der Konkurrenzkampf der Smartphone-Hersteller tobt jetzt auch auf dem neuen Markt der Computeruhren. Mit den sogenannten Smartwatches lassen sich zum Beispiel Telefongespräche annehmen, E-Mails lesen oder Puls und Blutdruck messen. In der Regel funktionieren sie nur mit einem eingebauten Smartphone. Bisher ist Samsungs Galaxy Gear S am populärsten. Apple hat für April eine eigene Uhr angekündigt, die Computeruhren zum Massenartikel machen könnte. Auch deshalb rechnen die Analysten von Gartner für 2015 mit 40 Millionen verkauften Smartwatches weltweit.

In Barcelona präsentiert erstmals auch Chinas Smartphone-Gigant Huawei ein eigenes Modell. Die Huawei Watch hat einen runden Bildschirm und erinnert mit ihrem hochwertigen Edelstahlgehäuse an einen klassischen Zeitmesser. Die neuen Computeruhren von LG kann man mit dem eigenen Mobilfunk-Anschluss auch ohne Handy nutzen. Der Navigations- und Outdoor– Spezialist Garmin hat seine Computeruhr Fenix 3 ganz für den Sport ausgelegt. Sie ist bis 100 Meter wasserdicht, und die Batterie soll um ein Vielfaches länger halten als bei einem der gängigen Smartwatches. Diese machen oft schon nach ein, zwei Tagen schlapp.

Eins haben die neuesten Computeruhren gemeinsam: Ihr Design wird immer raffinierter.

Technik zum Anziehen

Die Technik zum Anziehen – auch Wearables genannt – wird vor allem vom Fitness- und Gesundheitsboom getragen. Die Marktforscher von Gartner schätzen, dass weltweit dieses Jahr 230 Millionen Wearables verkauft werden – allerdings zählen sie dazu auch Computeruhren, Headsets mit Drahtlosfunk und Action-Kameras. Vor allem Fitnessbänder werden für immer mehr zum täglichen Begleiter – deshalb bieten sie neben den Pionieren Fitbit und Jawbone auch zunehmend Smartphone-Hersteller an. Die besten erkennen den Puls, zählen die Schritte oder werten den Schlaf aus. Das neue GoBe-Band von Healbe soll sogar den Zuckergehalt im Blut messen und daraus die Kalorienzahl berechnen, die man während eines Tages verbraucht.

Zwei Trends zeigen sich in Barcelona: Weil die Konkurrenz wächst, fallen die Preise. Einfachere Fitnessbänder gibt es zum Beispiel für deutlich unter 100 Euro zu kaufen. Außerdem verfließen die Grenzen zwischen Fitnessarmbändern und Computeruhren. Withings bietet einen Fitnesstracker, der wie eine klassische Uhr aussieht. „Sie ist für Kunden, die sich kein hässliches Fitnessband kaufen wollen“, heißt es. Telefonieren oder Mails empfangen kann man damit allerdings nicht.

Wearables werden immer enger am Körper getragen. Der In-Ear-Kopfhörer „The Dash“ des Münchner Start-up-Unternehmens Bragi bietet zum Beispiel Sensoren, viel Speicherplatz und Funkantenne auf. Damit lässt sich nicht nur Musik hören, sondern auch Körpertemperatur und Sauerstoffgehalt im Blut werden geprüft. Wie präzise, ist generell bei den Wearables bei Medizinern umstritten. Üblich ist die Technik zum Anziehen bereits im Leistungssport. So werden Sensoren im Stutzen oder unter T-Shirts getragen und zum Beispiel Laufleistung und Geschwindigkeit gemessen. Massentauglich dürfte dies aber frühestens in einigen Jahren sein.

Totale Vernetzung

Auch in Barcelona wird alles vernetzt – ohne einen Internetanschluss werden Geräte für viele zunehmend unattraktiv. In einer kleinen nachgebauten Stadt – der Innovation City – ist zu sehen, wie unter anderem Autos und Häuser ans Internet angeschlossen werden. Laut Studien sollen bis 2020 weltweit 50 Milliarden Geräte mit dem weltweiten Netz verbunden sein – und zunehmend auch untereinander.

Die Vernetzung des Haushalts nimmt zu. Während smarte Heizungen, die sich individuell regeln lassen, Sinn ergeben, ist auch viel Zweifelhaftes darunter. Sengled bietet zum Beispiel Glühbirnen als Lautsprecher – immerhin mit einer Leistung von knapp acht Watt. Sie passen in eine normale Fassung und können über Bluetooth eine Verbindung zum Smartphone aufnehmen, um Musikdateien abzuspielen. Bosch und Siemens Hausgeräte bemühen wiederholt den Online-Kühlschrank, der beim Schließen ein Bild des Kühlschranks macht. So sieht man auch vom Smartphone aus, was man nach der Arbeit noch einkaufen muss.

Und Überwachungskameras liegen im Trend. Sie werden zum Beispiel Kindern umgehängt; weichen diese von der üblichen Route ab, schlagen sie Alarm. Netatmo hat die erste Kamera mit Gesichtserkennung für das smarte Zuhause: Sie meldet, wer zum Beispiel gerade ins Haus geht – und schlägt bei unbekannten Gesichtern Alarm.

Mobiles Bezahlen

Schon lange wird über das Smartphone als Geldbeutel gesprochen, jetzt nimmt der Trend massiv Fahrt auf. Ein Grund ist, dass sich mit NFC, wo Daten auf kurzer Strecke drahtlos übertragen werden, ein einheitlicher Standard durchsetzt. Die neuesten Smartphones haben die Chips mit an Bord. Apple hat in den USA bereits mit Apple Pay einen eigenen Bezahldienst integriert. Samsung präsentiert in Barcelona mit Samsung Pay erstmals eine eigene mobile Geldbörse. Google kündigte an, man wolle für Smartphones mit dem Betriebssystem Android eine eigene Plattform aufbauen, die Android Pay heißen soll.

Yapital, eine Tochtergesellschaft der Otto-Gruppe, will das mobile Bezahlen in alle Lebensbereiche bringen. Mit der hauseigenen Smartphone-App können sich zum Beispiel zwei Nutzer Geld direkt überweisen, die üblichen Wartezeiten entfallen. Rechnungen lassen sich begleichen, indem man einen QR-Code scannt – der Überweisungsbogen wird überflüssig. Es lässt sich auch ein QR-Code an einem Schaufenster scannen, wenn das Geschäft geschlossen ist – bei Bedarf lässt sich die Ware nach Hause liefern, wenn die Händler das wünschen. Denn eine möglichst große Beteiligung ist Voraussetzung, dass das mobile Zahlen alltäglich wird, betont eine Mitarbeiterin. Dann könnten Kunden via Smartphone praktisch überall zahlen – sei es an der Supermarktkasse, im Taxi, in der Kantine und natürlich auch online.

Finanzexperten gehen davon aus, dass es verschiedene Modelle beim mobilen Zahlen geben wird. Mitarbeiter des bayerischen Unternehmens Wirecard, das Kunden Lösungen rund ums mobile Zahlen bietet, betonen: Die Kunden könnten künftig nicht nur mit Smartphones, sondern auch mit Computeruhren oder gar mit Fitnessarmbändern bezahlen. Apple und LG haben bei ihren Computeruhren bereits die nötige NFC-Technik integriert.