Schwere Zeiten: Präsidiumsmitglied Niko Kleinmann, Aufsichtsratschef Christian Dinkelacker, Präsident Rainer Lorz, Präsidiumsmitglied Ingo Kochsmeier (v.li.) Foto: Baumann

Die Lage ist ernst. Nicht nur sportlich, sondern auch finanziell. Auf der Mitgliederversammlung der Blauen wurden am Montagabend tiefrote Zahlen bekanntgegeben.

Stuttgart - Dem Kickers-Präsidenten Rainer Lorz bleibt in diesem Jahr auch nichts erspart. Erst der sportliche Abstieg im Mai, den Lorz erneut als „Hammerschlag“ bezeichnete – und am Montag nun die Verkündung der wirtschaftlichen Bilanz, die nicht weniger negativ ausfiel. Wobei das eine ja immer mit dem anderen zusammenhängt – und der Aufsichtsratschef Christian Dinkelacker sich in seiner Rede inständig wünschte: „Ich möchte, dass dieser schlechte Film endlich aufhört.“ Zunächst aber mussten die Blauen bei der Mitgliederversammlung im SSB-Waldheim einen Verlust in der abgelaufenen Saison von 521 000 Euro bekannt geben – eine stattliche Summe für einen Drittligisten, erst recht, wenn er auch noch abgestiegen ist in die Regionalliga, wo ein Schuldenabbau immer schwieriger wird. „Die wirtschaftliche Situation ist nicht erfreulich, aber wir haben die Verbindlichkeiten unter Kontrolle“, sagte Lorz, der gemeinsam mit seinen Präsidiumskollegen von den anwesenden 195 Mitgliedern entlastet wurde (bei zehn Gegenstimmen). Genauso wie der Aufsichtsrat.

Durch das Jahresdefizit stieg auch die bilanzielle Überschuldung (negatives Eigenkapital) auf den Höchststand von 2,666 Millionen Euro. Diese hängen wie ein Damoklesschwert über dem Traditionsverein. Auch das für die Finanzen zuständige Präsidiumsmitglied Niko Kleinmann weiß: „So etwas kann und darf sich nicht wiederholen – diese Luft haben wir nicht.“

Wobei sich die Frage stellt, wie eine Besserung in der Regionalliga erfolgen soll? Die Personalkosten für die erste Mannschaft hatten sich 2015/16 gegenüber dem Vorjahr um 600 000 Euro gesteigert, auf 3,372 Millionen Euro, womit die Kicker sogar gut 100 000 Euro über dem Ligaschnitt lagen, was die Mär widerlegt, dass die Gehälter bei den Blauen nicht konkurrenzfähig waren. Natürlich verschlingt das aktuelle Team deutlich weniger Geld, auf der Gegenseite sind aber auch die Einnahmen gesunken. Kleinmann sagt: „Wir haben zwar fast alle Sponsoren halten können, aber natürlich zu geringeren Konditionen.“

Das ist nachvollziehbar, bleibt abzuwarten, wer sich die vierte Liga noch ein weiteres Jahr antun will. „Wir sind schon der Meinung, dass es mittelfristig in die richtige Richtung gehen kann“, sagt Kleinmann und denkt dabei vor allem an nicht bilanzierte Werte – wie Spieler (und mögliche Transfererlöse). Bereits im Sommer hätte ein Erich Berko zum Beispiel für 250 000 Euro verkauft werden können, wenn die Kickers nicht abgestiegen wären.

Weniger Geld aus DFB-Pokal

In der Bilanz schlägt sich auch der Transfer von Besar Halimi nach Mainz nieder, wobei dieser sich unter den Sonstigen Erträgen versteckt, so dass über die genaue Ablöse nur spekuliert werden kann, im Raum standen seinerzeit rund 300 000 Euro. In Sachen Spielbetrieb haben die Kickers in den Punktspielen im Vergleich zu 2014/15 zwar rund ein Drittel mehr eingenommen (wegen der Rückkehr nach Degerloch verbunden mit der neuen Tribüne), dennoch blieben die Gesamterträge mit 1,721 Millionen Euro deutlich unter dem Vorjahr (2,029 Millionen). Der Grund: weniger Geld aus dem DFB-Pokal, weil die Partie in der Mercedes-Benz-Arena gegen Dortmund deutlich mehr einbrachte als im vergangenen Jahr das Wolfsburg-Spiel in Degerloch. Für die aktuelle Saison lässt sich die Einnahme schon ganz exakt einplanen: null Euro, weil die Kickers die Qualifikation verpassten. Was zeigt: zumindest im WFV-Pokal sollte das Team die Fahne hochhalten.

Und in der Liga? „Da wollen wir zunächst den Abstand zu den Abstiegsplätzen vergrößern“, sagte Lorz am Montagabend. Nicht ohne nach oben zu schauen: „Keine Entwicklung ist im Fußball unmöglich – auch im Positiven“ betonte er und führte den Durchmarsch von Darmstadt 98 in die Bundesliga an. Und die Lilien waren 2014 noch Ligarivale der Kickers.