Hashem Al-Ghaili aus Bremen postet wissenschaftliche Videos auf Facebook und erreicht damit Millionen Nutzer. Foto: privat

Hashem Al-Ghaili aus Bremen hat mehr Facebook-Fans als Til Schweiger oder Nico Rosberg. Wie er das macht? Mit wissenschaftlichen Videos.

Stuttgart - Sex und Katzen beherrschen das Internet, sollte man meinen. Dass man aber auch sehr viele Menschen im Netz für Inhalte ganz anderer Art begeistern kann, beweist Hashem Al-Ghaili.

Der 26-Jährige, der im Jemen geboren wurde und dank eines Stipendiums in Bremen Molekularbiologie studiert hat, betreibt die Facebook-Seite @ScienceNaturePage. Dort postet er Videos und Infografiken zu wissenschaftlichen Themen wie Astronomie, Medizin und Biologie – und erreicht damit Millionen Nutzer. „Die Zahl meiner Facebook-Fans ist im letzten Jahr von 66.000 auf 6,4 Millionen gestiegen“, berichtet er stolz. Zum Vergleich: Til Schweiger hat auf Facebook 1,5 Millionen Fans, Nico Rosberg kommt auf 2,3 Millionen, Hillary Clinton kann neuneinhalb Millionen Fans vorweisen.

Dieses Video über die Ausbreitung der Tsunami-Wellen nach dem verheerenden Erdbeben in Japan im Jahr 2011 beispielsweise, das Al-Ghaili in der Nacht auf Dienstag gepostet hat, wurde in etwas mehr als zwölf Stunden gut sechseinhalb Millionen Mal angesehen (Stand 22. November, 12 Uhr).

Al-Ghailis Rekord aber hält ein Clip über ein neues Sicherheitssystem für Flugzeuge. Mehr als 158 Millionen Mal ist es auf Facebook aufgerufen worden.

Dabei fing alles ganz klein an. „Am Anfang war meine Seite ein privates Profil, auf dem ich Inhalte nur mit meinen Freunden geteilt habe.“ Weil diese allerdings eher zurückhaltend reagierten, änderte Al-Ghaili seine Strategie und postete fortan auch in Facebook-Gruppen, die sich auf die Themen Wissenschaft und Technologie spezialisiert haben. „Einige Nutzer mochten meine Infografiken und folgten bald meinem Profil. So hatte ich irgendwann 28.000 Fans“, erklärt der 26-Jährige.

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Nach seinem Uni-Abschluss im Juni 2015 fokussierte er sich auf kurze Videos, denn „sie sind ein einfacher Weg für die Menschen, sich mit einem wissenschaftlichen Thema auseinanderzusetzen.“ Man müsse nicht erst auf einen Link klicken, um sie sich anzusehen – Videos starten auf Facebook beim Vorbeiscrollen. Außerdem könnten komplexe Themen mit den in die Videos eingebetteten kurzen Bildunterschriften auch einem nicht-wissenschaftlichen Publikum nahegebracht werden, sagt Al-Ghaili.

Zwei bis drei Stunden Arbeit fließen jeden Tag in seine Facebook-Seite, schätzt der Bremer Wissenschaftler. Allerdings beschäftigt er sich vorwiegend abends damit, denn tagsüber ist er für „Futurism“ tätig – eine New Yorker Firma, die sich darauf spezialisiert hat, Nachrichten aus Wissenschaft und Technik zu verbreiten. Nebenbei betreibt Al-Ghaili auch einen Youtube-Kanal und ist kürzlich bei Instagram eingestiegen. „Twitter mag ich nicht“, sagt er, deshalb halte er sich von diesem Kanal fern.

Die wissenschaftlichen Neuigkeiten, die der 26-Jährige postet, entnimmt er überwiegend direkt aus den Publikationen anderer Forscher. Allerdings sei deren Sprache oft komplex, so dass er sie für das allgemeine Publikum „übersetze“, sagt Al-Ghaili. Manche Wissenschaftler sprechen ihn wegen seines Bekanntheitsgrads mittlerweile auch direkt an und informieren ihn über ihre nächsten Publikationen. „Es ist mir eine Freude, Forschern zu helfen, mit ihren Erkenntnissen so viele Menschen wie möglich zu erreichen“, sagt der Molekularbiologe.

Für die Zukunft hat Al-Ghaili große Pläne. „Ich möchte wissenschaftliche Dokumentationen für das Fernsehen produzieren“, sagt er. In 2017 will er ein Crowdfunding-Projekt starten, um Geld dafür zu sammeln.