Unser Mann auf dem Mars: Robert P. Schröder mit einem Modell des Mars Rover von „Mars One“ Foto: Roger Murmann/„Mars One“

Robert P. Schröder studiert Elektrotechnik in Darmstadt. Das Besondere an ihm: Er ist einer von 100 Kandidaten, die für das Projekt „Mars One“ ausgewählt wurden. Ein Flug zum Mars, für den es kein Rückfahrticket gibt. Was treibt diesen jungen Mann an?

Stuttgart - Robert P. Schröder ist ein ganz normaler junger Mann, der an der Hochschule Darmstadt Elektrotechnik studiert. Nicht besonders oder auffällig. Mag man denken. Wäre da nicht sein Interesse für das Weltall und seine Bewerbung für „Mars One“, das private Projekt, das den ersten bemannten Flug von Menschen zum Nachbarplaneten der Erde stemmen will. Der 27-Jährige aus Darmstadt-Arheiligen gehört zu den 100 Kandidaten, die von 200.000 Bewerbern weltweit in die engere Auswahl für die erste bemannte Mars-Mission gekommen sind. Wir haben mit Ihm über seine Motive, Wünsche und Ängste gesprochen:

Hallo Herr Schröder.
Hi, Servus.
Sie sind einer von zwei Deutschen, die zu den 100 potenziellen Mars-Astronauten gehören. Oder sollte man besser „Marsonauten“ sagen? Erzählen Sie mal, wie kamen Sie auf die Idee, sich bei „Mars One“ zu bewerben?
Seit meiner Kinderzeit wollte ich ins Weltall. Als Kind ging das nur mit „Star Wars“ und „Star Trek“. Eigentlich ist das unmöglich, weil es nur die NASA gibt. Die Anforderungen dort waren damals zumindest superhoch. Man muss etwas richtig krass geleistet haben. Anfang 2013 habe ich dann im Fernsehen einen One-Minute-Clip über „Mars One“ gesehen. Jeder könne sich bewerben, der 18 Jahre ist, hieß es da. Das hat mich sofort begeistert. Ich habe deren Webseite komplett gelesen, mich in die Facebook-Community eingebracht, die damals noch sehr klein war. Kaum mehr als 300 Leute.
Und wie ging es weiter?
Im April 2013 konnte man sich online bewerben. Man musste ein kurzes Video mit seinem Profil hinterlegen und Fragen beantworten. Das war der erste Teil. Im Dezember 2013 erhielt ich dann die Nachricht, dass ich in die zweite Runde gekommen bin.
Wow! Ursprünglich hatten sich rund 200 000 Personen aus aller Welt gemeldet.
202 568. In der zweiten Runde waren wir noch 1058 Kandidaten. Nach dem Medizin-Check 706 und vor den Interviews 663 Kandidaten.
Wie sah das Auswahlverfahren in der zweiten Runde aus?
Ich hatte einen Medizin-Check. Man muss zum Beispiel gut sehen können.
Okay. Dann wäre das schon nichts für mich. Und?
Um die Jahreswende fanden 15-minütige Interviews mit Dr. Norbert Kraft statt, dem Chief Medical Officer von „Mars One“.
Auf Englisch versteht sich.
Klar. Ich habe mein Bestes gegeben. Man musste viele Fakten über „Mars One“ wissen, weil man als Botschafter des Projekts weltweit auftritt. Es wurden auch persönliche Frage gestellt. Wie wäre es zum Beispiel, wenn man ein Rückflugticket hätte, ob man doch in die Rakete „Back to earth“ einsteigen würde.
Und? Würden Sie?
Das habe ich ganz klar verneint. Wenn ich zum Mars hoch fliege, baue ich eine neue Kolonisation und eine eigene Familie mit auf. Ich will als einer der Ersten dabei sein, wenn die Kolonie auf dem Roten Planeten etabliert wird. Man muss die gesamten Module mit Gewächshäusern, Sozialräumen etc. aufbauen und verbinden. So was liegt mir, weil ich ein Entdecker, Entwickler und Bastler bin.
Als einer von 100 unter 200.000 ausgewählt zu werden, ist eine Riesenleistung. Kompliment.
Danke.
Wann werden die ersten Vierer-Teams gebildet? Insgesamt sollen sechs Teams – jeweils zwei Frauen und zwei Männer – zum Mars fliegen?
Es wird Wettkämpfe geben, in denen geklärt wird, ob die Teams in einem Simulationsexperiment, so einer Art künstlicher Mars-Kolonie, teamfähig sind und Stress aushalten können.
Und wann entscheidet es sich, ob sie zu einem der sechs Teams gehören?
Ein genaues Datum gibt es noch nicht. Aber Ende 2015 soll die Ausbildung starten, wo die Vierer-Teams gebildet werden. Sie sollen acht Jahre gemeinsam die Ausbildung durchlaufen.
Von 2016 bis 2024 also?
Richtig.
Und wenn jemand krank wird, gibt es dann einen Nachrücker?
Es wird geprüft, ob man jemanden aus dem Bewerber-Pool dem Team zuteilen kann. Wir spezialisieren uns alle auf verschiedenen Gebieten. Mein Steckenpferd sind Cyano-Bakterien. Diese Mikro-Organismen können durch Fotosynthese Sauerstoff aus Kohlendioxid produzieren. Wenn es passt, muss das Team noch mal ein Team Building durchlaufen.
Sonne gibt es auf dem Mars ja genug. Und alle sechs Teams reisen zum Mars?
2024 würde die erste Crew ausgewählt aus den sechs Teams von der Welt mit einer Rakete hochfliegen. Und alle zwei Jahre wird dann ein neues Vierer-Team hochgeschickt werden.
Und was ist mit der Ausrüstung? Auf dem Mars gibt es außer Steinen und Sand nicht gerade sehr viel.
Als erstes gibt es eine Demonstration Mission 2018, dann 2020 die Rover Mission. Danach kommen 2022 die Cargo Missions. Der Rover sucht nach Wasservorkommen, einer optimalen Landefläche für die Cargo-Mission mit den Lebenserhaltungs-Modulen. Der Rover wird diese Module vorpositionieren, Solar-Paneele ausrollen und sie konfigurieren, so dass es aus Wasserdampf Wasser und Sauerstoff erzeugt werden kann und die Reservoirs gefüllt sind. Wenn das läuft, kann die erste Mission 2024 losfliegen.
Sie sind jetzt 27, würden also mit 36 im flugfähigen Alter sein. Gibt es eine Altersbeschränkung?
Man muss mindestens 18 Jahre alt sein. Es macht auch nicht so viel Sinn, zu alt zu sein, weil man auf dem Mars eine neue Kolonie aufbauen will. Da kann man nicht auf irgendeinen Rücksicht nehmen, der mitfliegt, nur weil er unbedingt zum Mars will.
Neben Ihrem Elektrotechnik-Studium beschäftigen Sie sich schon länger mit dem Thema. Wie ernst ist es den Machern von „Mars One“ mit dem Projekt? Ist das nur ein Werbegag oder ist es denen wirklich ernst?
Natürlich ist es denen sauernst. Wir wollen schließlich ernst genommen werden. Deshalb ist es auch superwichtig, dass die erste Mission 2018 steigt und wir „Mars One“ Raketen zum Mars schicken. Man muss wissen, dass es sich bei „Mars One“ um eine private Stiftung unter niederländischem Recht handelt, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2024/25 Menschen auf dem Mars landen zu lassen und dort eine dauerhaft bewohnbare Siedlung zu errichten. Das Projekt wird vom niederländischen Unternehmer Bas Lansdorp angeführt.
Und Sie persönlich sind vom Erfolg überzeugt?
Ich glaube daran und bin überzeugt, dass wir es schaffen werden.
Von wo wird die Rakete starten?
Das weiß man noch nicht.
Ist Ihnen nicht ein bisschen mulmig bei dem Gedanken, dass es sich um ein One-way-ticket handelt? Mars hin, aber nicht zurück?
Überhaupt nicht. Ich finde es gut, dass man die Zeit bis dahin nutzen kann, um sich zu verabschieden und Dinge auf der Erde zu genießen. Wenn eine andere Mission von der NASA zum Mars fliegt mit einem Return-ticket, dann es genauso gut sein, dass deren Rakete kaputt geht. Aber sicher hat die NASA einen Back-up-Plan.
Den hat „Mars One“ nicht. Es könnte also ein Flug in den Tod werden.
In einen Todesflug wird keiner einsteigen. Das würde ich auch nicht machen. Aber ethisch ist das o.k., weil wir alle freiwillig hoch wollen. Wenn auf dem Mars die Systeme laufen und die Tanks gefüllt sind, dann erst gibt es das Go. Wir nutzen immer dieselbe Technologie bei den Cargo- und Rover-Missionen. Wenn man sechs Mal die Raketen mit Ausrüstung gelandet hat, dann wird dann schon klappen.
Wollen Sie vorher Ihr Studium noch abschließen?
Auf jeden Fall. Ich weiß zwar noch nicht, wie ich das schaffen werde. Aber wenn ich bei „Mars One“ Ende 2015 weiterkomme, kriege ich eine bezahlte Vollzeit-Ausbildung. Das wird sicher schwierig, aber es wird schon klappen.
Und was mit der medizinischen Versorgung auf dem Mars? Wird ein Mediziner mit im ersten Team sein?
Medizinische Kenntnisse soll jeder in der achtjährigen Ausbildung erlernen. Es wäre natürlich von Vorteil, wenn ein Mediziner vor Ort ist.
Was sagen Ihre Eltern, Freunde und Kommilitonen zu der Idee, zum Mars zu fliegen?
Meine Eltern lieben mich über alles und wollen mich auf der Erde halten. Aber sie wissen, dass ich als Steinbock ein Sturkopf bin. Die Trennung wird sehr schwer sein. Bei meinen Freunden ist das zwiegespalten. Alle interessieren sich dafür. Einige sagen, Du spinnst, andere unterstützen mich. Aber alle interessieren sich für den aktuellen Stand der Vorbereitungen.
Und wenn es nicht klappen sollte, vergraben Sie sich dann in der Erde?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich auf die Mars-Mission zu bewerben. Es werden immer Plätze nachgefüllt. Nächstes Jahr soll es die nächste Bewerbungsrunde geben. Ich denke, sie wollen immer sechs Vierer-Teams bereitstehen haben. Ich werde auf jeden Fall dabei bleiben und versuchen in die Ausbildung zu kommen.
 
Alles zum Projekt „Mars One“, die offizielle Website: www.mars-one.com