Brüdergemeinde Korntal Foto: dpa

Nachdem das erste Treffen der Steuerungsgruppe am 13. März vor allem die Differenzen zwischen Brüdergemeinde und Interessengemeinschaft der Heimopfer Korntal verdeutlicht hatte, nutzten am Samstag beide Seiten die Chance, sich im Rahmen eines Heimopfer-Treffens auszutauschen.

Korntal - Klaus Andersen, der weltliche Vorsteher der Brüdergemeinde und die Sprecherin der Steuerungsgruppe, Mechthild Wolff, konnten glaubwürdig vermitteln, dass es ihnen ein Anliegen ist, die Fälle von Missbrauch und institutioneller Gewalt in den Heimen der Brüdergemeinde aufzuklären. Doch Differenzen bleiben bestehen – vor allem wo es ums Geld geht.

Er stehe dafür ein, dass nicht zum zweiten Mal geschwiegen werde, versprach Andersen und fügte mit Nachdruck hinzu: „Ich stelle mich der Verantwortung, dass Hilfe möglich wird.“ Wie diese Hilfe aussehen soll, darüber herrscht Uneinigkeit. Die Brüdergemeinde sieht Sachleistungen wie Therapiestunden vor, Opfersprecher Detlev Zander beharrt auf einer Wahlmöglichkeit zwischen finanzieller Entschädigung und geldwerter Leistung. Man wolle sich in diesem Punkt nicht bevormunden lassen, stellte er klar.

Er ließ auch keinen Zweifel daran, dass die wissenschaftliche Aufarbeitung der Vergangenheit zwar wichtig und begrüßenswert sei, es den Opfern aber um eine konkrete Entschädigung gehe. Mechthild Wolff wies darauf hin, direkte Zahlungen von Einrichtungen an Einzelpersonen seien in vergleichbaren Fällen die Ausnahme und sehr aufwendig: „Für uns steht im Mittelpunkt, dass die Hilfe möglichst rasch und ohne ausuferndes Antragswesen erfolgt“, hielt sie fest.

Während in der Entschädigungsfrage weiter Uneinigkeit herrscht, konnte der Unmut über den vermeintlich zahnlosen Projekttitel „Aufarbeitung von Unrecht in der Geschichte der Heimerziehung der Brüdergemeinde Korntal“ ausgeräumt werden. Es gehe nicht darum, den Begriff Missbrauch zu meiden, so Wolff. Man habe eine möglichst weitreichende Formulierung gewählt, um jegliche Form psychischer und physischer Gewalt mit berücksichtigen zu können.

Aufgeklärt werden solle auch das institutionelle Versagen im Umgang mit den Tätern. Die Erziehungswissenschaftlerin sprach sich für eine vom Heimträger finanzierte Aufarbeitung durch Hochschulmitarbeiter aus. Die Gefahr der Einflussnahme der Brüdergemeinde über die Finanzierung schloss sie aus.

Das Misstrauen der Betroffenen sitzt tief. „Ich habe den Eindruck, dass Herr Andersen wirklich etwas bewegen will“, überlegt Martina P. nach dem Treffen. „Die Frage ist, ob er das auch tun darf.“ Der Vorstand der Brüdergemeinde selbst zeigt sich vorsichtig optimistisch: „Noch vor drei Monaten, hätte ich eine solche Gesprächsrunde nicht für möglich gehalten“, sagt er und blickt dem nächsten Treffen am 11. Mai zuversichtlich entgegen: „Bis dahin sind wir alle noch fleißig dabei unsere Hausaufgaben zu machen.“