Mireille Mathieu entzückt seit 50 Jahren mit ihren Liedern. Am Dienstagabend gab sie ein Konzert in der Liederhalle Stuttgart. Foto: dpa

Mireille Mathieu ist am Dienstagabend in Stuttgart in der Liederhalle aufgetreten. Die 68-Jährige, die in diesem Jahr ihr 50-Jahr-Bühnenjubiläum feiert, sang einen Mix aus Chanson und Schlager.

Stuttgart - Wie viele Blumen ihr überreicht werden am Dienstagabend! Niemals beendet sie ein Lied, ohne dass schon ein Verehrer vor der Bühne mit einem großen Strauß wartet. Mireille Mathieu nimmt ihn entgegen, lacht, trägt die Blumen von der Bühne, kehrt zurück. Sie ist nach Stuttgart in den Beethovensaal der Liederhalle gekommen, um ihr 50-Jahr-Bühnenjubiläum zu feiern. Sie singt alte Lieder, noch ältere, aber auch solche, die jung klingen. Sie wird begleitet von einem 14-köpfigen Orchester – und von ihrer Mutter: Das Konzert geht seinem Ende entgegen, als Mireille Marcelle auf die Bühne holt, eine alte Dame ins Rampenlicht tritt und sich von ihrer berühmten Tochter auf die Wange küssen lässt.

Die Karriere der Mireille Mathieu begann im Jahr nach dem Tod Edith Piafs, 1964. Wie diese stammt Mathieu aus ärmlichen Verhältnissen, wie Piaf tritt sie bis heute auf in schwarzen Kleidern – ein halblanges ist es zunächst, ein langes ist es dann später am Abend. Edith Piaf maß 1,47 Meter, bei Mireille Matthieu sind es 1,56 – die Ähnlichkeiten sind groß. Edith Piaf wurde für Mireille Mathieu zum lebenslangen Vorbild. Viele Piaf-Stücke nahm sie in ihr Repertoire auf – am Dienstagabend singt sie, ganz zuletzt, bevor der Vorhang fällt, „Je ne regrette rien“: Ich bereue nichts.

Mireille Mathieus Stimme ähnelt heute mehr denn je der von Edith Piaf: Einst war sie glockenhell, heute ist sie gedunkelt. In seltenen Momenten hört man dieser Stimme das Alter an, fast immer jedoch klingt sie so kraftvoll wie einst, von großem Volumen, tremolierend voller Leidenschaft – eine Stimme, wie man sie heute im Schlager nicht mehr findet.

Und den Schlager bedient Mireille Mathieu noch immer: In ihrem Konzert mischt sie ihn mit dem französischen Chanson, das große Drama wechselt mit dem fröhlichen Glamour vergangener Hitparaden, bei dem die 1500 Besucher, die den Beethovensaal füllen, kräftig den Rhythmus klatschen können. Mireille Mathieu entführt sie in die Vergangenheit, mit Liedern wie „Akropolis adieu“, „Es geht mir gut, Cheri“, „Hinter den Kulissen von Paris“, „Santa Maria“, „Martin“ und „Der Tango von Paris“, gibt aber immer wieder auch dem französischen Chanson Raum. Das Stück „Ce n’est rien“ kommt als verblüffend zeitgemäßer Rocksong mit schnellem Rhythmus und Gitarrenriff daher, „Der Zar und das Mädchen“, ein Dauergast der deutschen Hitparade des Jahres 1975, klingt dagegen noch immer so zart wie ehemals.

Ein Medley, bei dem Mireille Mathieus Stimme nur vom Flügel begleitet wird, beginnt mit „Over The Rainbow“: Ein wenig grüner Rauch steigt dabei hinter dem Orchester auf, auch Humor spielt leise auf dieser gelungenen Zeitreise mit. Die Bühne ist diskret in weichen Farbtönen ausgeleuchtet, Mireille Mathieu strahlt vor diesem Hintergrund: Sie hebt die Hand gegen das Licht und spreizt die Finger, breitet die Arme weit aus und lacht. Ein kleiner Chor begleitet sie, der sichtlich auf den Melodien schwebt, ein Streichorchester mit einem Dirigenten und der Bassist der Band spielen für die Ewigkeit.

Dann verschwinden Orchester, Chor und Band hinter einem roten Vorhang, spielen aber weiter: Noch einmal teilt sich der Vorhang, Mireille Mathieu tritt hervor und singt, ihre Fans stehen längst vor der Bühne.