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Verkehrsministerium weist Kritik zurück: Lösungen wurden bereits erarbeitet.

Hamburg - Ein nun bekannt gewordenes Arbeitspapier weist auf potenzielle Mängel an dem umstrittenen Verkehrsprojekt „Stuttgart 21“ hin. Die in Zürich ansässige Firma SMA befürchte laut ihrer vor zwei Jahren vorgelegten Untersuchung, dass die Fahrzeiten länger würden und der Fahrplan nur „in geringem Maße“ gestaltet werden könne, berichtete das Nachrichtenmagazin „Stern“ am Mittwoch vorab. Kritiker des Projekts sahen sich in ihrer Position bestätigt und forderten einen Baustopp. Das Umwelt- und Verkehrsministerium wies die Vorwürfe zurück und betonte, dass man auf die Ergebnisse der Verkehrsplaner bereits reagiert habe.

SMA arbeitet nach Angaben des „Stern“ häufig mit der Deutschen Bahn zusammen und ist eines der wenigen Ingenieurbüros weltweit, das die komplexen Strukturen eines Fahrbetriebs exakt analysieren kann. Die Verkehrsexperten monieren bei „Stuttgart 21“ ein „hohes Stabilitätsrisiko“ und eine „knapp dimensionierte Infrastruktur“. Der Vorstandsvorsitzende von SMA, Giuliano Montanaro, sagte auf ddp-Anfrage, dass er sich nicht zu dem Vorgang äußern dürfe.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte gegenüber ddp, dass die Verkehrsplaner von SMA die Auswirkungen von „Stuttgart 21“ auf den Regionalverkehr untersucht und 2008 ein Arbeitspapier vorgelegt hätten. „Es war genau die Aufgabe von SMA, etwaige Schwierigkeiten, die sich ergeben könnten, frühzeitig aufzuzeigen, um auf dieser Grundlage dann auch Lösungen zu finden“, fügte er hinzu. Ausgehend von den Ergebnissen der Züricher Ingenieure seien dann Lösungen für die aufgeworfenen Fragen erarbeitet worden, die seit April 2009 auch im Internet veröffentlicht seien. Derzeit erprobe die Deutsche Bahn das neue Konzept in Digitalsimulationen, fügte er hinzu.

Der „Stern“ berichtete, dass das Dokument unter Verschluss gehalten worden sei. Kritiker des Projekts, darunter der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Grünen, forderten die Landesregierung auf, das Dokument öffentlich zu machen und gleichzeitig einen Baustopp über „Stuttgart 21“ zu verhängen. Der Sprecher des Verkehrsministeriums betonte, dass es nicht üblich sei, Arbeitspapiere zu veröffentlichen. Geheim sei das Dokument nicht gewesen.

Das Projekt „Stuttgart 21“ sieht eine Verlagerung des Hauptbahnhofs unter die Erde vor. Der Widerstand in der Bevölkerung gegen die Baumaßnahme wächst kontinuierlich, insbesondere seit Beginn der Baumaßnahmen Anfang Februar. Am Samstag (10. Juli, 13.00 Uhr) findet in Stuttgart eine große Protestveranstaltung mit Sternmärschen gegen den neuen Hauptbahnhof statt.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Winfried Kretschmann kündigte an, die Proteste gegen „Stuttgart 21“ so lange fortzusetzen, bis es „offenkundig nicht mehr geht“. Auf einen konkreten Zeitpunkt wollte er sich nicht festlegen. Seine Partei erwarte eine weitere Kostenexplosion bei der Neubaustrecke und lasse dies nun prüfen, sagte er. „Ich halte es nicht nur für legitim, sondern für geboten, mit allen rechtstaatlichen Mitteln zu kämpfen, solange es geht“, sagte er.