Minderjährige Flüchtlinge in Stuttgart – die Stadt sucht Unterbringungsmöglichkeiten in Familien Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Flüchtlinge, die es nach Deutschland zieht, sind immer jünger. Daher ist das Jugendamt immer öfter für die Unterbringung zuständig. Es sucht nun verstärkt alternative Unterkünfte.

Stuttgart - Das Jugendamt der Stadt Stuttgart zieht verstärkt alternative Unterkünfte für junge Flüchtlinge in Betracht, die ohne Eltern in die Landeshauptstadt fliehen. Weil die regulären Unterbringungen nicht ausreichen, appelliert Ömer Aykut, Leiter des städtischen Beratungszentrums Jugend und Familie Süd, an muslimische Familien. „Wir müssen in Zukunft auch speziell solche Familien finden, die die Kultur der Flüchtlinge selbst kennen“, sagte Aykut auf Anfrage unserer Zeitung.

Die steigende Zahl von jugendlichen Flüchtlingen bringt das Jugendamt an die Belastungsgrenze. Im vergangenen Jahr zog es insgesamt 250 Jugendliche in die Landeshauptstadt. Der weit überwiegende Anteil waren Jungen, nur 18 Mädchen wurden gezählt. Im Jahr 2012 kamen nur 90 minderjährige Flüchtlinge nach Stuttgart.

Bislang kommen die zugezogenen Jugendlichen vorerst in der sogenannten Inobhutnahmestelle unter. Von dort verteilt sie das Jugendamt in Wohngemeinschaften, die sich im gesamten Stadtgebiet befinden.

„Die Zahl sprengt aber alle Kapazitäten“, sagt Aykut. Künftig sollten daher muslimische Familien „eine Art Lotsen-Aufgabe“ übernehmen, wenn sie Kinder und Jugendliche in ihren vier Wänden aufnehmen und mit der neuen Umgebung vertraut machen, sagt der Jugendamtsmitarbeiter.

Zuständig für die Suche nach geeigneten Familien ist der Pflegekinderdienst. „Dass muslimische Familien junge Flüchtlinge aufnehmen, ist noch eine Nische“, sagt die Leiterin Helga Heugel. In der ganzen Stadt hätten sich bisher nur zwei muslimische Familien gefunden, die geflohene Jugendliche aufnehmen wollen. Der Bevölkerungsanteil der Muslime in Stuttgart liegt bei etwa zehn Prozent.

Dem Jugendamt zufolge werden die Flüchtlinge immer jünger. So seien vor einigen Jahren noch vor allem 16-Jährige nach Deutschland geflohen. Inzwischen sind auch immer mehr 14-Jährige darunter. Nach Schätzungen des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen ist jeder zweite Flüchtling auf der Welt ein Kind oder ein Jugendlicher.