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Omid Nouripour, der Grünen-Außenexperte, findet, die Bundesregierung hat den Aufstieg der IS-Terrormiliz jahrelang verschlafen.

Herr Nouripour, ist der Islamische Staat überhaupt militärisch zu bekämpfen?
Ich sage Isis und nicht IS, da ich dem Anspruch der Terrormiliz, ein islamischer Staat zu sein, so wenig wie möglich Vorschub leisten möchte. Isis muss man auch militärisch bekämpfen, um ihre Erfolgsgeschichte zu zerstören, aber auch um ihre territoriale Ausweitung zu stoppen. Besiegen kann man sie aber nur politisch. Solange viele Sunniten das Gefühl haben, dass ihnen nur Isis als Schutzmacht bleibt, wird die Terrororganisation nicht verschwinden. Bei einer politischen Strategie müssen wir unsere Priorität auf den Irak legen, wo das Kernland von Isis ist und wo es eine funktionierende Staatlichkeit gibt, die wir sehr engagiert stärken müssen, damit sie die sunnitischen Stämme aus dem Bündnis mit Isis herauslösen kann.
Wie könnte ein deutscher Militäreinsatz gegen den IS aussehen?
Eine führende Rolle kann Deutschland hier nicht übernehmen. Alle Maßnahmen können nur im Rahmen eines politischen Ansatzes und im Bündnis stattfinden. Und in Koordination mit den regionalen Akteuren. Erfolgreich ist bisher die Ausbildung der kurdischen Peschmerga in Erbil. Wir wissen aber auch, wie es nicht geht: Bis heute wissen wir nicht, wo ein Großteil unserer Waffenlieferungen an die Kurdische Regionalregierung verblieben ist. Es besteht die Gefahr, dass wir damit eher noch Konflikte befeuern, als sie beizulegen.
Wie also sehen Sie die Rolle Deutschlands?
Eine aktivere militärische Rolle der Bundeswehr würde Deutschland sicher weiter exponieren. Wenn ein solcher Einsatz im Rahmen des Völkerrechts aber durch ein größeres diplomatisches Engagement der Regierung begleitet würde, ließe sich das unter Umständen rechtfertigen. Dieses diplomatische Engagement hätte allerdings schon vor Jahren und nicht erst nach den Anschlägen von Paris beginnen müssen. Es rächt sich nun, dass die Bundesregierung den Aufstieg von Isis jahrelang verschlafen hat.