130.000 Besucher strömten am Samstag ins Milaneo Foto: Lichtgut/Heinz Heiss

Samstagmittag. Haltestelle Stadbibliothek. Eine gerammelt volle U 12 entlässt einen Großteil der Fahrgäste auf den Bahnsteig. Bücher entleihen wollen die wenigsten von ihnen. Das Interesse gilt dem seit Donnerstag geöffneten Shopping-Center Milaneo.

Stuttgart - Man muss nicht lange rätseln, wie der zentrale Publikumsmagnet unter den 200 Läden im neuen Einkaufsparadies heißt. Die braunen Papiertüten mit dem Logo der Billigtextilkette Primark sind allgegenwärtig. Wer in den Laden will, muss zunächst anstehen. Jeweils zehn Kunden werden im Untergeschoss erst dann eingelassen, wenn zehn das Obergeschoss verlassen haben. „Die Leute sind sehr geduldig und diszipliniert”, lobt Patrick Händler vom Sicherheitsdienst die Klientel, ehe er in sein Funkgerät murmelt: „300, weitere zehn draußen.“

Für Center-Managerin Andrea Poul kommt der Ansturm auf den Textildiscounter wenig überraschend. „Primark ist unser größter Mieter, da wäre alles andere schon seltsam gewesen.“ Auch die Gesamtbilanz fällt positiv aus. Am Samstag zog das neue Einkaufszentrum wieder um die 130.000 Besucher an. Viele davon waren aus dem Umland angereist wie Jessica (16) aus Plochingen und ihre Freundinnen. Eigentlich hatten sie die Königstraße aufsuchen wollen, dann war ihnen das Milaneo eingefallen. Im Grunde finde man hier alles unter einem Dach, was es auf der Stuttgarter Einkaufsmeile gebe, so ihr abschließendes Urteil. Braune Papiertüten haben die Mädels auch unterm Arm. Dazu noch einen Flyer von Demonstranten, die vor dem Milaneo gegen Billigklamotten protestieren.

Überhaupt wird der Außenbereich des Milaneo sehr gut angenommen. Das gilt sowohl für die Sitzbänke auf dem Hof als auch für die Gastronomie. Im Burgergrill Hans Im Glück etwa herrscht draußen wie drinnen Hochbetrieb. Dabei sitzen McDonalds oder Kentucky Fried Chicken in direkter Nachbarschaft. „Das interessiert viele gar nicht“, freut sich der Betriebsleiter. Der Laden brummt. „Erst hatten viele Gastronomen überlegt, ob sie überhaupt draußen bestuhlen sollen“, verrät Andrea Poul. „Jetzt denken sie darüber nach, wie sie das Freiluftangebot – etwa mit Heizstrahlern – in die kalte Jahreszeit hinein ausweiten können.“ Das gilt auch für die Nachmittags- und Abendstunden. Poul hofft, dass das Milaneo so zur Belebung des gesamten Europaviertels beitragen wird.

Zufrieden ist man auch bei der Osianderschen Buchhandlung. Während sich im Mediamarkt nebenan die Schnäppchenjäger auf die Füße treten, ist es hier angenehm ruhig, Kundschaft ist aber durchaus vorhanden, und Sandra Steinhauer, die stellvertretende Filialleiterin, registriert eine wachsende Zahl von Neugierigen, die einfach mal so die literarische Facette des Milaneo aufsuchen.

Wer mit dem Auto kommt, sollte übrigens nach wie vor Geduld mitbringen: Wie an den Vortagen sind die Parkplätze schnell belegt. „Man könnte sicher ein paar Parkplätze mehr gebrauchen“, räumt Niels Belschner vom Parkservice Hüfner ein. „Andererseits braucht man in Stuttgart ja ohnehin immer Geduld bei der Parkplatzsuche.“ Der durchschnittliche Milaneo-Besucher, so wurde festgestellt, parkt derzeit zwei bis drei Stunden. Wenn die Zahl derer abnimmt, die sich das neue Center ansehen wollen, statt gezielt zu shoppen – so hofft man –, könnte sich die Parkplatzsituation etwas entspannen.