Mick Hucknall geht mit seiner Band Simply Red 2015 auf Jubiläumstour Foto: promo

Mick Hucknall, Chef der britischen Soulband Simply Red, spricht zwar nicht gerne über sein eigenes Sexleben. Der 54-Jährige findet es aber super, wenn andere Leute beim Sex seine Lieder hören.

Stuttgart - Hallo, Mr. Hucknall. Im kommenden Jahr feiern Sie dreißig Jahre Simply Red. Gibt es etwas, das Sie am liebsten aus Ihrer Geschichte rausstreichen würden?
Nein, eigentlich nicht. Wir hatten eine beständige Karriere, großen Erfolg und, ganz sachlich betrachtet, war das bis hierhin eine vollkommen wunderbare Erfahrung. Mit Sicherheit gab es auch schlechtere Episoden, aber letztendlich überwiegen die guten Momente.
Erwischt man Sie zu diesem Anlass wenigstens mal in einer nostalgischen Laune, in der Sie von der guten alten Zeit reden?
Nein, auch nicht. Die Sache ist doch die: Wir Menschen feiern Jubiläen, Anlässe oder Geburtstage. So sind wir eben – überall auf der Welt. Mein Manager fragte mich vor einiger Zeit, ob mir eigentlich bewusst sei, dass 2015 das 20-Jahr-Jubiläum von Simply Red ansteht. Er meinte, wir sollten das unbedingt mit einer Tour feiern. Und ich denke, dass das richtig so ist.
Mal ehrlich: Hätten Sie sich ohne Ihren Manager daran erinnert?
Natürlich! Aber – wie ich mich kenne – wahrscheinlich irgendwann im April 2015, und dann wäre es zu spät gewesen, eine Geburtstagstour zu organisieren.
Wie viel Prozent von Simply Red beanspruchen Sie für sich selbst?
Als wir angefangen haben, wollte ich so sein wie meine Idole: die Beatles oder die Rolling Stones. Das waren jeweils Songwriter-Paare, die gemeinsam großartige Lieder schrieben. Aber bei uns war das anders: Ich war der einzige Songwriter, und die Zusammenarbeit mit anderen hat für mich nicht funktioniert. Also habe ich improvisiert und mich dabei von den Großen des Jazz beeinflussen lassen. Miles Davis zum Beispiel war ein fantastischer Bandleader, der mit unglaublich guten Musikern zusammengearbeitet hat. So ungefähr wurde das dann auch bei mir beziehungsweise eben Simply Red.
Nervt es Sie, wenn Leute Ihnen erzählen, dass sie zu Ihrer Musik rummachen?
Na, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Da bin ich eher froh. Die Leute sollten mehr kuscheln und viele Kinder zeugen. Wenn ich musikalisch etwas dazu beitragen kann, dann ist mir das eine Ehre.
Wenn wir schon beim Thema sind: Wünschen Sie sich manchmal, Sie hätten niemals über Ihr Sexleben geredet?
Oh ja. Da treffen Sie einen Nerv bei mir. Britische Boulevard-Journalisten sind sexbesessene Verrückte, anders kann ich mir nicht erklären, dass ich ständig darüber reden soll. Wissen Sie, Politiker machen das schon richtig: Die beantworten Fragen einfach prinzipiell nicht. Ich bin leider kein Politiker und beantworte diese Fragen. Und am Ende machen diese Typen aus einem einzigen Satz später Geschichten für eine ganze Woche. Deswegen versuche ich, seit Jahren nicht mehr darüber zu reden. Aber sie kommen immer und immer wieder darauf zurück. Das Sex-Thema müsste doch längst vom Tisch sein. Ja, ich war früher Junggeselle, und ich hatte eine verrückte Zeit – aber das ist so lange her, dass es mittlerweile wirklich Wichtigeres geben sollte als mein Sexleben damals.
Merkwürdig, oder? Sie sind Popstar, und keiner will über Ihre Musik reden.
Nicht nur das: Ich lebe seit 2003 in einer Beziehung, bin glücklich verheiratet und der Vater einer siebenjährigen Tochter. Auch meiner Familie gegenüber ist das nicht fair. Dabei ist Musik – neben meiner Familie – meine größte Obsession.
Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als sie zum ersten Mal von Musik förmlich umgehauen wurden?
Natürlich. Das waren die Beatles im Fernsehen, ich war vier Jahre alt. Im Nordwesten Englands gab es damals nicht viel außer Industrie und wenig Hoffnung. Der Erfolg der Beatles machte uns damals plötzlich auch irgendwie erfolgreich.
Gibt es für Sie ein perfektes Lied?
Sehr viele sogar. Aber das erste Lied, an das ich denken muss, ist „Strawberry Fields Forever“ von den Beatles. Da stimmt alles.
Was überwiegt bei Simply Red gerade: die Zukunft oder die Geschichte?
Wenn wir jetzt auf Tour gehen, dann möchte ich den Fans genau das bieten, was sie wollen. Und das sind in erster Linie die Hits und ihre Lieblingssongs von den Alben. Da mache ich mir überhaupt nichts vor. Ich denke, wir werden im Frühling eine neue Platte veröffentlichen, und dann müssen tatsächlich die Fans entscheiden, ob ihnen das gefällt und sie bei den Konzerten auch neue Lieder hören wollen. Sie kaufen sich schließlich eine Karte für das Konzert. So einfach ist das.
Was bevorzugen Sie: Vinyl, CD oder MP3?
Ich weiß, dass das nicht sonderlich populär ist, aber ich denke tatsächlich, dass die CD noch Zukunft hat. Menschen wollen etwas in der Hand halten, etwas besitzen. Das ist bei MP3-Dateien ja nicht der Fall, und der Klang ist auch nicht sonderlich gut. Diese Streamingdienste wie Spotify oder eben MP3 sind in Ordnung, aber meiner Ansicht nach nur Optionen.
Verfolgen Sie die aktuelle Popmusik?
All die Jugendlichen, die da draußen mit ihren Bands Musik machen: Die leben ihren Traum, und das ist großartig – für sie und ihre Fans. Es steht mir überhaupt nicht zu, ihnen etwas schlechtzureden. Aber für aktuelle Popmusik interessiere ich mich tatsächlich überhaupt nicht.