Der Aufbau im Schlosshof läuft auf vollen Touren. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: PPFotodesign.com

Beim Jubiläum der historischen „Rede an die deutsche Jugend“ bleibt an diesem Samstag nichts dem Zufall überlassen.

Ludwigsburg - Ein Stromkabel für die im Schlosshof aufgebaute Bühne? Nein, das kann auf keinen Fall quer durch den frisch geharkten Kies verlegt werden. Den Weg der Bundeskanzlerin und ihres französischen Gasts soll an diesem Samstag keine Elektroleitung kreuzen. Für die Stromversorgung der zwei jeweils 16 Quadratmeter großen Videoleinwände im Schlosshof müssen sich die Techniker eine andere Lösung einfallen lassen. Sicherheit geht vor beim 50. Jahrestag der historischen Rede an die deutsche Jugend – schließlich sollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande nicht vor den Augen der Festgäste ins Straucheln geraten.

Auf die 650 geladenen Gäste kommen gut 400 Polizisten

Für den großen Staatsakt im Residenzschloss wird nichts dem Zufall überlassen. Parallel zum Bühnenbau legen 30 Einsatzkräfte die Wasserleitungen für Cateringstände und Toiletten, das Technische Hilfswerk hat insgesamt sieben Stromaggregate für eine Energieversorgung im Notfall nach Ludwigsburg gekarrt. Seit Wochen bastelt die örtliche Polizeidirektion in enger Abstimmung mit dem Bundeskriminalamt an einem Sicherheitskonzept für das Großereignis. Mehrfach haben Experten des Auswärtigen Amts den Schauplatz im Schlosshof unter die Lupe genommen, selbstredend ist auch die französische Groupe de sécurité, die Leibwache aus Paris, in die Planungen eingebunden. Auf die 650 geladenen Gäste beim Festakt dürften unterm Strich gut 400 Polizisten und mehrere Dutzend Personenschützer kommen – auch wenn weder beim Stuttgarter Staatsministerium noch bei der Polizei exakte Zahlen zu hören sind.

„Wir sind gut vorbereitet und werden uns bemühen, die Besucher des Bürgerfests , die Anwohner und die Verkehrsteilnehmer so wenig wie möglich zu beeinträchtigen“, sagt Frank Rebholz, Chef der Polizeidirektion in Ludwigsburg und Einsatzleiter beim Festakt. Allenfalls für die An- und Abfahrt der prominenten Gäste wird die B 27 gesperrt, auch die Seitenstraßen machen die Sicherheitskräfte kurzfristig dicht. Obwohl es laut Polizeisprecher Peter Widenhorn keinerlei Hinweise auf eine erhöhte Gefahrenlage gibt, gilt der Auftrieb zum Jahrestag der Charles-de-Gaulle-Rede als einer der größten Polizeieinsätze in der Stadtgeschichte. Für die laut Staatsministerium etwa 300 akkreditierten Journalisten gelten ebenso intensive Einlasskontrollen wie für die etwa 3500 Bürger, die am Samstag in den Schlosshof vorgelassen werden – eine Absperrung wird sie von den geladenen Gästen trennen.

Nicht geplant: ein allzu enger Kontakt mit dem Publikum

Auf welchem Flugplatz die politische Prominenz landen wird, gilt als absolute Geheimsache. Möglicherweise dient der Hubschrauberlandeplatz des benachbarten Kreisklinikums den Helikopterpiloten als Zielort. Vorgesehen ist, dass die Bundeskanzlerin und der französische Präsident gegen 11.50 Uhr auf der Freitreppe im Südgarten des Residenzschlosses vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann begrüßt werden.

Sechs Übertragungswagen deutscher und französischer Fernsehsender stehen für das Großereignis bereit, der SWR berichtet von 12 bis 13.30 Uhr live von den Feierlichkeiten. Nach dem obligatorischen Fototermin soll um 12.15 Uhr im Vorraum des Königs-zimmers der Eintrag ins Gästebuch des Landes und ins Goldene Buch der Stadt Ludwigsburg folgen. Der eigentliche Festakt mit Ansprachen von Merkel, Hollande und Kretschmann beginnt um 12.30 Uhr und soll bis 13.40 Uhr dauern. Anschließend steht ein Mittagessen im Asperger Adler auf dem Programm – während das Volk bei einem Bürgerfest mit Konzerten der Schlossfestspiele und der deutsch-französischen Popband Mini Moustache feiern soll, spricht die politische Prominenz im kleinen Kreis.

Nicht geplant ist ein allzu enger Kontakt mit dem Publikum – ganz im Gegensatz zum Auftritt von Charles de Gaulle vor 50 Jahren. Der französische Präsident erlebte bei seiner Fahrt von Stuttgart nach Ludwigsburg einen Triumphzug, nach Schätzung von Augenzeugen wollten bis zu 500 000 Menschen einen Blick auf den Staatsmann erhaschen. Der Politiker brachte die Sicherheitsleute ins Schwitzen – und nutzte die Begeisterung für ein ausgiebiges Bad in der Menge. Mehrfach ließ er den offenen Mercedes anhalten, um Hände zu schütteln und jubelnde „Vive la France“-Rufe zu genießen, der Tag ging in die Geschichte ein. Die eigentliche Rede im Schlosshof verfolgten am 9. September 1962 mehr als zehntausend Menschen. Wegen des Andrangs hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer die Tore öffnen lassen, die Massen strömten über die Absperrgitter hinweg. 50 Jahre später ist das undenkbar geworden.