Geschwungener Baukörper: So soll die Ecke Türlen- und Heilbronner Straße künftig aussehen. Auf der Rückseite versteckt sich ein Park. Foto: Visualisierung: Icade Reim Deutschland GmbH/Schaller Kyncl

Wann die frühere Mercedes-Niederlassung abgerissen wird, ist offen. Die Mieter müssen trotzdem raus.

Stuttgart - Ein Park mit einem See. Ein zur Straße hin frei schwebendes Bürogebäude mit attraktiven Geschäften. Und dahinter fast 120 schicke Wohnungen. So sieht die Zukunft der alten Mercedes-Niederlassung auf den Plänen der Icade Reim Deutschland GmbH aus. In diesen Tagen war ursprünglich der Baustart für das 130-Millionen-Euro-Projekt vorgesehen. Doch seit der Vorstellung des Vorhabens im Rathaus vor zwei Jahren war nichts mehr zu hören von der Tochter des französischen Immobilienriesen Icade. Offenbar läuft die Vorvermietung der Flächen nicht wie gewünscht.

Die Mieter, die vor rund zwei Jahren im verlassenen Autohaus Domizile auf Zeit bezogen haben, müssen trotzdem bald wieder raus. „Wir versuchen aber, dass wir so lang wie möglich drinbleiben können in dieser tollen Brache“, sagt Alexander Matthies, der geschäftsführende Gesellschafter der Raumaufzeit GmbH, die einen Teil der Flächen an der Türlenstraße untervermietet hat in Form eines Kreativzentrums.

Immer wieder beratschlagt Matthies mit der Icade Reim Deutschland GmbH in Berlin, ob noch ein bisschen was geht. Im Moment seien die Büroflächen bis Mitte des Jahres „fix“, also bis Ende Juni. Das Zentrum für Elektromobilität im Erdgeschoss an der Ecke Türlen-/Heilbronner Straße genießt sogar noch Bestandsschutz bis Ende Oktober.

Neuer Standort für Elektromobilitätszentrum steht noch nicht fest

Und dann? Das Zentrum für die Strommobilisten wird vielleicht sogar vorübergehend abgeschaltet. Ein nahtloser Übergang sei nicht garantiert, sagt Günter Stürmer von der Stabsstelle des Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster. Ein neuer Standort sei noch nicht beschlossen. Als Anwärterin dafür gilt die Straßenbahnwelt im alten SSB-Depot in Bad Cannstatt, wo die Oldtimerstraßenbahnen für den rollenden Museumsbetrieb ein Zuhause haben sollen – gleich gegenüber von der geplanten Porsche-Zukunftswerkstatt, die früher als Mobilitäts-Erlebniszentrum diskutiert wurde.

Noch scheint Bedarf an einem Zentrum für Elektromobilität zu bestehen. In der Türlenstraße schauen pro Werktag etwa 50 bis 100 Besucher vorbei, um das Informationsmaterial zu nutzen. Andere kommen zu Veranstaltungen, viele zu Führungen, etwa Schulklassen, Gruppen von Polizeibeamten und Firmenbelegschaften. „Da gibt es noch Buchungen bis in den Oktober hinein“, sagt Stürmer. Er denkt allerdings auch schon über die Zeit nach, wenn man das Zentrum für E-Mobilität mal nicht mehr brauchen wird, weil das Thema Alltag geworden ist.

Aber noch hält das Zentrum in der Türlenstraße die Stellung, während im Umfeld längst der Exodus eingesetzt hat. Wo noch vor kurzem das Schauspiel des Staatstheaters war, ist jetzt wieder völlige Brache. Die Ironie der Geschichte: Eigentlich würde das Staatstheater die Spielstätte wieder dringend brauchen. Denn weil die Sanierung des angestammten Schauspielhauses im Oberen Schlossgarten mit vielen Pannen verbunden ist, muss das Theater jetzt sogar in ein Zelt am Eckensee. Ein Zurück in die Türlenstraße gibt es nicht mehr. Die Planungen für einen solchen Umzug hätten eben einen gewissen Vorlauf, sagt Matthies. Der Tanker war nicht mehr zu stoppen.

Die ersten Mieter ziehen bald um

Im April und Mai werden andere Mieter von der Türlenstraße in die Gebäude Ossietzkystraße 8 und Kriegsbergstraße 28 ziehen. Dorthin, wo die Raumaufzeit GmbH auch schon Mieter aus der früheren Bundesbahn-Direktion an der Heilbronner Straße unterbringen konnte. Dennoch herrscht bei manchen Unsicherheit. „Wir haben die Kündigung auf Ende Juni bekommen, hatten aber damit gerechnet, länger bleiben zu können“, sagt Marc Hug von der Filmgalerie 451, die im Gebäude ein kleines Filmtheater betreibt. Man wolle jetzt versuchen, direkt mit Icade eine Verlängerung herauszuschlagen. Die Gespräche mit dem französischen Besitzer des Areals, schränken andere Betroffene ein, seien aber ebenfalls schwierig: „Der Informationsfluss ist spärlich.“

Konkrete Hinweise auf die Zukunft gibt es bei Icade tatsächlich nicht. „Ich kann nur sagen, dass wir noch in diesem Jahr mit dem Bebauungsplanverfahren fertig werden wollen“, sagt Sprecher Vinh-Nghi Tiet. Wann tatsächlich unter dem Projektnamen Look 21 Baustart für Park, Büros und Wohnungen sein könnte, steht trotz der Kündigungen für die Mieter in den Sternen.

Ines Aufrecht von der städtischen Wirtschaftsförderung weiß bisher auch nur von anhaltenden Verhandlungen von Icade mit einem potenziellen Großmieter. Sie könnte sich hier neben Dienstleistungsunternehmen auch einen Verband vorstellen, weil es so etwas in der Nähe in Gestalt der Handwerkskammer schon gibt. Auf Einzelhandel, glaubt sie, müsse man sich hier im Zweifel nicht versteifen. Nicht, dass deswegen am Ende noch weitere Jahre ungenutzt ins Land gehen.