Chinesische Touristen besichtigen das Heidelberger Schloss. In Zukunft sollen sie dies mit dem Reiseanbieter Mercedes tun. Dann würde aber der Schlossherr persönlich durchs Programm führen Foto: dpa

Für viele Autobauer ist China längst der wichtigste Markt. Daimler will dort aber nicht nur Luxuswagen mit dem Stern verkaufen, sondern auch Premiumreisen. Dafür hat der Konzern eine eigene Marke gegründet.

Stuttgart/Peking - Schon vor zwei Jahren haben die Chinesen des Deutschen den Titel des Reiseweltmeisters weggeschnappt. Doch das ist erst der Anfang. So erwartet die Welttourismusorganisation, dass 2020 ein Viertel aller Touristen in Europa aus Asien, insbesondere aus China kommen. Von diesem großen Kuchen möchte auch der Daimler-Konzern etwas abhaben. Deshalb soll das Reich der Mitte jetzt als Testmarkt herhalten, ob sich betuchten Touristen neben Autos auch Luxusreisen unter der Marke des Sterns verkaufen lassen. Dafür hat Daimler die Marke Mercedes-Benz Travel gegründet.

Über eine eigene Online-Plattform in China können die potenziellen Touristen verschiedene Reisepakete auswählen. Darunter ist beispielsweise eine achttägige Reise durch Europa. Übernachtet wird selbstverständlich in ausgewählten Top-Hotels. Wo immer möglich, werden die Gäste in Mercedes-Bussen oder Vans durch die Gegend gefahren. Im Mittelpunkt stehen sollen aber auch Begegnungen mit Menschen und der Kultur des Landes. In Paris etwa erhalten die Reisenden eine Führung durch den Louvre, die der Kurator höchstpersönlich macht. Oder aber der Juwelier Cartier öffnet seine Filiale am Champs-Élysée für die Reisegruppe exklusiv. Geplant sind zudem Besuche von Events wie der Mercedes-Fashion-Week oder ein Blick hinter die Kulissen des Formel-1-Rennzirkus. „Wir nutzen unsere Netzwerke und erhalten als Marke Mercedes natürlich Zugang zu Orten, die anderen Reiseanbietern verschlossen bleiben“, sagt Thomas Eisenbarth, Projektleiter von Mercedes-Benz-Travel. Bei fast jeder dritten Reise steht als Zwischenstopp auch Stuttgart mit dem Mercedes-Benz-Museum, dem Ballett oder der Oper auf dem Programm. „Wir versuchen immer, unsere Wurzeln mit Stolz zu zeigen“, so Eisenbarth.

Die ersten Erfahrungen sind gut. Seit Ende Februar ist das Angebot geschaltet. „Bis jetzt hatten wir 500 Interessenten auf unserer Seite“, sagt Thomas Eisenbarth. Etwa 100 werden ihre Anfrage wohl in eine konkrete Buchung umwandeln. Das sei besser als erwartet, sagt Eisenbarth. Weil sich das Angebot erst noch im Aufbau befindet, gibt er für das Jahr 2014 ein eher bescheidenes Ziel aus. Mit 500 verkauften Reisen wäre Eisenbarth zufrieden. Immerhin müssen die Chinesen für eine solche Reise tief in die Tasche greifen. Für eine achttägige Tour werden bis zu 15 000 Euro fällig.

Zielgruppe sind dabei zumeist männliche Manager zwischen 35 und 45 Jahren, die das Reisen für sich entdeckt haben. Nach einer Erhebung des Daimler-Partners HH Travel kommen diese nicht nur aus Schanghai oder Peking, sondern zunehmend auch aus den etwas kleineren Millionenmetropolen im Norden und der Mitte Chinas. Knapp 70 Prozent der Interessenten an Premiumreisen verfügen über ein umgerechnetes Jahresreinkommen zwischen 60 000 und 350 000 Euro. Beißen die an, könnten bald auch Spanier, Engländer oder Amerikaner mit dem Stern auf Reisen gehen. Bereits jetzt hätten viele unabhängige Reisebüros in Europa ihr Interesse bekundet, so Eisenbarth.

Sorgen, dass sich der Konzern mit solchen Geschäftsideen verzetteln könnte, hat er nicht. Vielmehr sieht Eisenbarth dies als Teil der Bemühungen von Daimler, sein Dienstleistungsangebot auszubauen. So stammt etwa das Mietwagengeschäft Car2go aus der gleichen Ideenschmiede. „Wir machen uns schon lange Gedanken, wie wir noch näher an unsere Kunden herankommen.“ Dazu zählt auch die neue Marke Mercedes me, die all diese Angebote im Internet bündeln soll. Mercedes-Benz Travel als Marke muss sich allerdings selbst tragen. Werden rote Zahlen geschrieben, droht schnell das Aus. Um den Verkauf von Autos geht es also höchstens indirekt. Eisenbarth: „Wenn ein chinesischer BMW-Liebhaber nach einer solchen Reise vor dem nächsten Autokauf eine Probefahrt in einem Mercedes macht, dann wäre das ideal.“