Werner Pfeifer, der Vorsitzende des Meisterprüfungsausschusses, und der Jungmeister Jonathan Köhn, der mit seinem Tisch den ersten Preis gewonnen hat. Foto: Petra Mostbacher-Dix

37 Jungmeister des Schreinerhandwerks haben in der Festhalle in Feuerbach ihre Meisterstücke präsentiert und dabei so manchen Betrachter ins Staunen versetzt.

Feuerbach - Manche Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Oder manche Fahrzeuge: Transporter mit Namen von Schreinereien kündeten auf dem einstigen Sportplatz der Feuerbacher Turn- und Festhalle von dem, was im Inneren der denkmalgeschützten Architektur von Paul Bonatz stattfand: 37 junge Frauen und Männer erhielten ihre Meisterprüfungszeugnisse und stellten ihre Meisterprüfungsobjekte aus. Geladen zum Festakt und der anschließenden Schau hatten die Fachschule für Holztechnik Stuttgart und der Meisterprüfungsausschuss für das Tischler-/Schreinerhandwerk bei der Handwerkskammer Region Stuttgart. Der Ausschussvorsitzende Werner Pfeifer schlug passend zum Ort sportliche Töne an. Die Jungmeisterinnen und Jungmeister hätten in verschiedenen Disziplinen trainiert, die Latte hoch gelegt, der Großteil habe diese mehr oder weniger lässig übersprungen, gestalterisch wie konzeptionell Tradition und Moderne verbunden. „Mit viel Kreativität, Einfallsreichtum und Engagement“, lobte Pfeifer. „Chapeau!“

Die Bandbreite der „Meisterstücke“, wie sie früher genannt wurden, war denn auch groß. Sie reichte von einer historisierenden Standuhr, die in alter Technik mit „Knochenleim im heißen Sand“ verleimt wurde, über raffinierte analoge, sprich mechanische Multifunktionslösungen, bis zu Highend-Möbeln, gesteuert mit Mobiltelefon per Bluetooth. Ein Paternosterschrank ermöglichte Menschen mit Behinderung mit wenig Muskelkraft einzelne Innenkorpusse zu bewegen. Bei einem zierlichen Sekretär dienten die beiden Türen – in geöffneten Zustand – als Klappenstützen.

Geheimfächer und versteckte Tasten

Auch allerlei Geheimfächer, Auszüge und Schubkästen gab es zu entdecken und über unsichtbare Tasten oder Magnete zu öffnen. Wie bei einem Nähkästchen, bei dem sich die Schubkästen beim Tragen automatisch verriegelten. Dafür bekam die frisch gebackene Jungmeisterin Petra Johanna Trinkle den dritten Preis der Robert Bosch GmbH. Diese unterstützt die Fachschule für Holztechnik seit Langem, unter anderem mit Ausbildern aus der Abteilung Power Tools. Den zweiten Preis erhielt Oliver Kollmer für eine formschöne wie funktionale Garderobe, den ersten schließlich Jonathan Köhn für seinen Auszugstisch aus Eiche und Phenolharz-Vollkernplatte. Dessen Mechanik und raffinierte Beschläge entwickelte er selbst. Sein Motto: Weniger ist mehr. „Die Platte ist pflegeleicht, unempfindlich, die Tischbeine sitzen außen, um Beinfreiheit zu garantieren.“ Schlicht und zierlich wirkt das gute Stück trotz seiner Größe, stabil ist es, weil Köhn darin ein Metallskelett versteckt hat. „Langlebigkeit ist erste Priorität, das bedeutet Nachhaltigkeit“, so der 25-Jährige aus Calw, der nach Realschule und Gesellenprüfung erst einmal zwei Jahre im Beruf arbeitete, bevor er den Meister anging. „Das würde ich jedem empfehlen, um Erfahrungen zu sammeln“, so Köhn. Das helfe auch den Meisterschülern: Sie müssen nicht nur ein Meisterstück fertigen, sondern ein ganzes Raumkonzept abliefern, in dem das zu fertigende Möbelstück integriert wird.

Fachkräftemangel im Schreinerhandwerk

Auch Pfeifer betont, dass Arbeits- und Lebenserfahrung von Vorteil für die Meisterprüfung sind. Gemäß EU-Standardisierungen gibt es keine Gesellenzeit mehr, direkt nach der Gesellenprüfung kann der Meister angegangen werden. „Manche sind da doch jung mit Anfang 20“, so Pfeifer. So hätten einige der mehr als 40 Aspiranten die Latte leider gerissen – sie wurden nicht fertig oder erfüllten die Vorgaben nicht.

Auch im Schreinerhandwerk sei der Fachkräftemangel zu spüren. Noch vor zehn Jahren hätten zum Teil mehr als 100 Jungmeister ihre Arbeiten gezeigt, so Pfeifer. Dabei seien die Berufsaussichten rosig. „Der Leiter der Fachschule sagte mir, dass auf jeden der Jungmeister hier fünf bis sieben freie Stellen warten.“