Im Sommer kam es im Werk Untertürkheim zu einem heftigen Streit um die Produktion von Teilen für Elektromobile. Foto: Daimler

Der Daimler-Betriebsrat kann künftig mitreden, wenn es darum geht, ob Teile für neue Modelle bei Zulieferern gekauft oder beim Autobauer gefertigt werden. Damit kann die Eskalation von Konflikten vermieden werden, kommentiert Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Michael Brecht hat sich seit seinem Antritt als Daimler-Betriebsratschef stets dafür eingesetzt, dass die Arbeitnehmervertreter vom Management nicht einfach vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Vielmehr hat er von der Unternehmensleitung gefordert, dass die Arbeitnehmervertreter möglichst früh in die Entscheidungsfindung einbezogen werden, damit beide Seiten die beste Lösung für das Unternehmen und die Beschäftigten finden. Dabei setzt Brecht in der Regel nicht auf Konfrontation, sondern auf Kompromisse. Dieser Kurs hat sich für die Daimler-Beschäftigten ebenso wie für das Management alles in allem ausgezahlt.

Heftige Auseinandersetzung um die Produktion von Teilen für Elektroautos

Die heftige Auseinandersetzung in diesem Sommer um die Fertigung von Teilen für Elektroautos war auch darauf zurückzuführen, dass das Management vieles schon festgezurrt hatte. In der Autoindustrie sind die Produktzyklen lang. Um im übernächsten Jahr möglichst rasch in die Elektromobilität durchstarten zu können, lief die Entwicklung der ersten Modelle schon auf hohen Touren und es war schon klar, woher welche Teile kommen.

Mit der jetzt geplanten Regelung, wonach die Arbeitnehmervertreter frühzeitig informiert werden müssen, wenn Produkte zugekauft werden sollen, gibt es gute Chancen, dass eine solche Eskalation eines Konflikts wie im Sommer in Untertürkheim vermieden werden kann. Damals wurde der Werkleiter in einer Betriebsversammlung ausgebuht und es mussten sogar Schichten in Sindelfingen abgesagt werden, weil Teile aus Untertürkheim fehlten.

Keine echte Mitbestimmung

Die neue Mitsprache ist zwar keine echte Mitbestimmung – sie ist jedoch für die Arbeitnehmerseite ein wichtiges und wirksames Werkzeug. Denn in den kommenden Jahren kommt Zug um Zug eine ganze Flotte neuer Elektroautos auf den Markt, deren Antriebe viel weniger Teile haben als Verbrenner und damit auch weniger Beschäftigung bringen. Wenn der Betriebsrat belegen kann, dass eine wirtschaftliche Fertigung von Komponenten im Unternehmen möglich wäre, fällt es dem Management schwerer, Aufträge an externe Zulieferer zu rechtfertigen. Zugleich ist es dann noch nicht zu spät für eine Kurskorrektur und die Suche nach einem Kompromiss.