Züge am Stuttgarter Hauptbahnhof: Das Land Baden-Württemberg drängt auf eine gerechtere Finanzierung des Personennahverkehrs. Foto: dpa

Grüne und SPD fordern vom Bund mehr Geld für den Schienennahverkehr. Um zu verhindern, dass Züge gestrichen werden, muss Baden-Württemberg2013 und 2014 bis zu 180 Millionen Euro zuschießen.

Stuttgart - Rund 750 Millionen Euro erhält Baden-Württemberg in diesem Jahr vom Bund für den Schienenpersonennahverkehr im Südwesten. Um die jetzigen Zugverbindungen zu erhalten, muss das Land in diesem Jahr allerdings 80 Millionen Euro drauflegen, im nächsten Jahr könnten es sogar 100 Millionen sein.

Die Finanzierungslücke werde immer größer, weil die Zuschüsse des Bundes weniger stiegen als die Kosten für den Bahnbetrieb, sagte der SPD-Verkehrsexperte im Landtag, Martin Haller, am Dienstag in Stuttgart. Seit 2009 hat der Bund die so genannten Regionalisierungsmittel für den Schienennahverkehr im Südwesten jährlich um 1,5 Prozent erhöht. Deutlich stärker stiegen in diesem Zeitraum jedoch die sogenannten Stations- und Trassenpreise, also die Preise, die die Zugbetreiber für die Benutzung von Bahnhöfen und Schienen an die Deutsche Bahn bezahlen müssen. Diese hätten sich in den vergangenen drei Jahren um 50 Millionen Euro erhöht, deutlich mehr als die Zuschüsse des Bundes. Dazu kommen noch steigende Betriebskosten, beispielsweise für Personal und Energie.

„Würden wir keine Landesmittel einsetzen, dann müssten wir Züge abbestellen, wie es die CDU vor einigen Jahren gemacht hat“, sagte Andreas Schwarz, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag. 2007 hatte der Bund die Mittel für den Schienennahverkehr gekürzt. Weil die damalige schwarz-gelbe Landesregierung die Kürzungen nicht ausglich, wurden zum Leidwesen vieler Bahnkunden Verbindungen gestrichen und erst später wieder angeboten. Grün-Rot will hingegen vermeiden, dass sich das Angebot verschlechtert und Pendler möglicherweise vom Zug auf das Auto umsteigen. In den Ballungsräumen seien eigentlich zusätzliche Angebote nötig, aber auch die dünner besiedelten Gebieten dürften nicht einfach abgekoppelt werden. „Das gehört zur Daseinsvorsorge“, so Haller.

Deutsche Bahn 2012 mit Rekordgewinn

Das Land könne den Schienennahverkehr aber nicht auf Dauer mitfinanzieren, sagte Haller. „Der Bund muss die Regionalisierungsmittel entsprechend den Steigerungen bei Stations- und Trassenpreisen sowie der sonstigen Kosten anpassen.“ Die Deutsche Bahn habe 2012 einen Rekordgewinn von 1,5 Milliarden Euro verbucht, davon seien 525 Millionen Euro an den Bundesfinanzminister geflossen. Es könne nicht sein, dass die Deutsche Bahn durch hohe Stations- und Trassenpreise Gewinne mache, die dann in andere Bereiche flössen. „Diese Gelder müssen künftig für den Erhalt und den Ausbau der Schieneninfrastruktur bereitgestellt werden“, forderte Schwarz.

Zudem verlangen die beiden Verkehrsexperten, die Regionalisierungsmittel gerechter zwischen den Ländern zu verteilen. „Im Südwesten besteht durch die noch dynamischere Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung Nachholbedarf beim Schienennahverkehr. Der Verteilungsschlüssel spiegelt nicht die wirkliche Entwicklung der letzten Jahre wieder“, sagte Haller.

Hätte Baden-Württemberg den gleichen Anteil an Regionalisierungsmitteln wie 1996, dann hätte es 2012 über 80 Millionen Euro mehr erhalten“, sagte Haller. Nach dem Regionalisierungsgesetz erhält Baden-Württemberg bis 2014 einen Anteil von 10,44 Prozent der Regionalisierungsmittel, 1993 waren es noch 11,59 Prozent. Seit damals ist die Zahl der Einwohner im Südwesten um vier Prozent gestiegen, während sie in den Bundesländern im Osten um bis zu 16 Prozent zurückging. Dort wurden teilweise Strecken stillgelegt, im Südwesten hingegen wurden neue Angebote geschaffen, und die Zahl der Fahrgäste ging deutlich nach oben – zwischen 2002 und 2012 um 70 Prozent.

Bei den neuen Verhandlungen 2014 müsse Baden-Württemberg endlich bessergestellt werden, so Schwarz. „Wachsende Fahrgastzahlen und wachsende Bevölkerungszahlen müssen sich in den jeweiligen Länderquoten widerspiegeln.“