Patient Frank Reyes im Gespräch mit seinem Chirurgen vor der OP. Foto: AP

Ein 87-jähriger Texaner erleidet schwerste Brandverletzungen an der Hand. Sein Arzt schlägt eine außergewöhnliche Behandlung vor und näht ihm die Hand in den Bauch ein.

New York - Casay Reyes fiel es nicht leicht, ihrem Großvater die bevorstehende Operation zu erklären: Die Ärzte wollten seine schwer verbrannte Hand in seinen Bauch einnähen. Der 87-jährige Frank Reyes stimmte aber zu - und so blieb seine linke Hand drei Wochen in einer Gewebetasche, wo sie Zeit zum Heilen hatte und mit Blut versorgt wurde. Sein Glück war, dass die Ärzte überhaupt an einen solchen Eingriff dachten, um seine Hand zu retten.

Inzwischen ist Reyes’ Hand wieder frei. Die Chirurgen bedeckten die Brandwunden mit Gewebe und Hauptlappen aus seinem Bauch. Nun hofft der Patient, dass er seine Hand wieder fast genauso benutzen kann wie vor dem Unfall beim Reifenwechseln in diesem Sommer. „Es ist ein komisches Gefühl“, sagte er, als seine Hand noch in seinem Bauch vernäht war. „Aber ich tue alles, damit es besser wird.“

Solche Operationen sind keine Neuheit

Solche und ähnliche Operationen, bei denen ein Körperteil an ein anderes genäht wird, sind keine Neuheit, aber sie sind selten. Zum Einsatz kommen diese Methoden zum Beispiel bei Traumata und auch in der Forschung zur Züchtung von Gewebe und ganzen Körperteilen.

An die ungewöhnliche Methode dachte der Schönheitschirurg Anthony Echo, als er Reyes sah, einen ehemaligen Farmarbeiter und Schulbusfahrer aus Missouri City in Texas. Reyes war Ende Juni allein im Haus und wechselte einen Reifen. Plötzlich kippte der Wagenheber und quetschte seine Hand gegen die Stoßstange. An dem Nachmittag war es 38 Grad heiß und es dauerte eine halbe Stunde, bis Hilfe eintraf. In dieser Zeit verbrannte das heiße Eisen seine Hand, durch einen dicken Schutzhandschuh hindurch.

Hand wurde gekocht

Das Eisen „hat seine Hand einfach gekocht“, erklärt Echo. Haut, Sehnen und Gewebe verbrannten. Die Ärzte versuchten es zunächst mit einer konventionellen Therapie und säuberten und bandagierten die Wunde. Aber es kam zu einer Infektion und sein Zeigefinger musste zu großen Teilen amputiert werden. Und es wurde noch schlimmer.

„Seine Haut war fast vollständig abgestorben“, erzählt seine Enkelin. Die Ärzte hätten gesagt, es sehe aus wie bei einer Mumie.

Reyes wurde zu Echo geschickt, der zu dem Schluss kam, dass eine Gewebetransplantation von einem anderen Körperteil des Patienten nicht funktionieren würde. Die Verletzung reichte bis zum Knochen und ohne eine gute Blutversorgung würde jedes transplantierte Gewebe absterben. Und so beschloss der Arzt, die Hand in den Bauch von Reyes einzunähen. Die Haut am Bauch lege sich über die Hand und bilde neue Blutgefäße. Ohne diese Behandlung „hätte er wahrscheinlich all seine Finger verloren“, sagt Echo.

Keine Science-Fiction

Das erklärte er so der Familie. „Ich dachte, das käme aus einem Science-Fiction-Film“, beschreibt Casey Reyes ihre Reaktion. „Das klang verrückt.“ Dann habe sie ihrem Großvater, der schlecht hört, das Vorhaben verständlich machen müssen. „Er hat mich komisch angesehen.“

Der plastische Chirurg und Experte für Handtransplantationen Vijay Gorantla von der Universität von Pittsburgh erklärt, diese Operation sei nicht neu. Aber viele Ärzte wüssten heutzutage gar nicht mehr, dass ihnen in einer Situation wie der von Reyes diese Behandlungsmethode zur Verfügung stehe. „Der Dank muss in diesem Fall den Chirurgen gelten“, sagt er. Der Eingriff verspreche gute Resultate bei einem nur geringen Risiko von Komplikationen.

Diese Methode werde auch eingesetzt, um Körperteile im Labor zu züchten, erklärt Gorantla weiter. So habe eine Gruppe in China Knorpelgewebe unter die Haut oder die Bauchwand gelegt, um Gewebe und eine Blutversorgung für ein Ohr zu schaffen. Andere Chirurgen setzten die Technik ein, wenn Teile eines Fingers bei einem Unfall abgetrennt würden. „Man nimmt die Fingerspitze und setzt sie in die Bauchwand ein“, erklärt er. Später wird die Fingerspitze zusammen mit weiterem Gewebe entnommen, um den Finger wiederherzustellen.

Reyes hofft auf ein gutes Behandlungsergebnis und hat auch schon ein Ziel vor Augen. „Sobald es mir besser geht, will ich einen kleinen Ausflug unternehmen“, sagt er. „Hauptsächlich will ich Rinder züchten und Pferde reiten. Ich bin ein Freiluftmensch.“