Zwei Kugeln Matcha-Eis in der Waffel: Vom weltweiten Matcha-Boom profitieren lokale Hersteller wie die Teebauern der japanischen Region Uji bei Kyoto. Foto: dpa

Für seine positive Wirkung auf die Gesundheit geschätzt, boomt grüner Tee weltweit, vor allem puderiger Matcha-Tee. Davon profitieren lokale Hersteller wie die Teebauern der Region Uji bei Kyoto.

Wazuka - Der Teebauer Masami Baba blickt stolz über die umliegenden Hügel von Wazuka in der Region Uji in Japan: Dicht an dicht ziehen sich Dutzende Reihen sattgrüner, hüfthoher Teebüsche entlang. Alle sind perfekt in Form geschnitten, meist mit der Maschine, bei den teuren Sorten wie früher per Hand. Einige Meter über dem Boden drehen sich Ventilatoren. Die zirkulierende Luft soll die Pflanzen vor Morgenfrost schützen.

Hier, eine halbe Stunde südlich der alten Kaiserstadt Kyoto, scheinen auf jedem freien Fleckchen Teepflanzen zu wachsen. Aus gutem Grund: Die Nachfrage nach grünem Tee steigt, gerade aus dem Ausland. Vor allem der Matcha-Tee aus fein zu Pulver gemahlenen Teeblättern boomt. Es ist besonders zur Verfeinerung von Desserts und Süßwaren beliebt. Seit einigen Jahren bieten Marken wie Starbucks und Häagen-Dazs Produkte wie Matcha-Latte oder Matcha-Eis an. So machten sie das Grünteepuder, das man in Japan vor allem für die traditionelle Teezeremonie verwendet, weltweit bekannt.

Die Begeisterung im Ausland für Matcha spüre man selbst in Wazuka, sagt Baba, in einem Örtchen von gerade 5000 Einwohnern. Der Anteil von Tencha-Teeblättern, aus denen Matcha hergestellt wird, habe hier 70 Prozent erreicht, Tendenz steigend, sagt der Teebauer.

In Wazuka hat man große Pläne

Neben Kagoshima und Shizuoka zählt Uji zu den bekanntesten Teeanbauregionen in Japan. Sie erstreckt sich über Teile der Provinzen Kyoto, Shiga, Mie und Nara in Zentraljapan. 40 bis 50 Prozent des Tees, der als Uji-Tee verkauft wird, werde auf rund 570 Hektar Land in Wazuka angebaut, sagt Baba. Eine Handvoll Firmen sowie 200 bis 300 Familienbetriebe seien dort im Teegeschäft tätig. In Wazuka hat man große Pläne: „Wir versuchen, Wazuka-Tee innerhalb der Marke Uji-Tee als besonders hochwertige Sorte zu etablieren“, sagt Baba. Dessen Geruch preist er als besonders fein, den Geschmack als sehr intensiv an.

Baba ist hauptberuflich Beamter in der Gemeindeverwaltung, führt aber auch in der vierten Generation den Teebetrieb seiner Familie weiter. Er ist eine Ausnahme unter den örtlichen Teebauern, weil er sich auf den Anbau von Bio-Tee ohne den Einsatz von Agrarchemikalien verlegt hat. Der Marktanteil liege bei unter einem Prozent, sagt Baba, aber auch hier wachse die Nachfrage langsam.

Die Region gilt als die Wiege der Grünteekultur in Japan

Was Teebauern wie ihm bei der Vermarktung ihres Uji-Grüntees hilft, ist die jahrhundertealte Tradition. Die Region gilt als die Wiege der Grünteekultur in Japan, seit ein Zen-Meister vor etwa 800 Jahren die Samen aus China mitbrachte und die örtlichen Bauern zum Anbau ermunterte.

Noch heute werden mehrere der ersten Teefelder, die vor Jahrhunderten angelegt wurden, bewirtschaftet. Dazu zählt auch eines der Felder der Firma Horii Shichimeien. Der Unternehmer Chotaro Horii, dessen Familie seit sechs Generationen dort Tee anbaut, deutet auf die Pflanzenreihen, über die schwarze, halbdurchsichtige Textilbahnen gespannt sind. Sie sollen einen Teil des Sonnenlichts abhalten. Das verfeinere den Geschmack des Matcha-Tees, erklärt er.

Je klarer und strahlender das Grün, desto besser

In der kleinen Fabrik von Horii erklärt Shingo Maeda, ein junger Mitarbeiter in Firmenuniform, den aufwendigen Herstellungsprozess. Während er spricht, drehen sich hinter ihm 60 Metalltrichter. Ein regelmäßiges Quietschen erfüllt die Luft. Erst werden die geernteten Teeblätter gedämpft, dann gerollt und getrocknet, sagt Maeda. Im zweiten Schritt werden Äste und Unreinheiten entfernt. Das geschah früher per Hand, heute übernimmt dies eine Maschine. Übrig bleiben die guten Teeblätter, die in die Trichter eingefüllt werden. Eine komplette Trichterfüllung messe etwa zwei bis drei Kilo an Teeblättern, schätzt Maeda. Nach fünf Stunden seien diese komplett pulverisiert. Pro Stunde werden nur 40 Gramm Matcha produziert.

Auf einen Tisch vor dem Produktionsraum hat Maeda zwei Schäufelchen mit Matcha-Pulver gelegt. Wo der Laie nur zwei Schattierungen Grün sieht, erkennt der Experte die Qualität. „Eines ist zehnmal so teuer“, sagt Maeda. „Je klarer und strahlender das Grün, desto besser“, klärt er auf. Der Unterschied liege auch in der Qualität der Teeblätter und ob diese per Hand oder mit der Maschine gepflückt wurden. Das schlägt sich im Preis nieder: „Das günstige kostet etwa 6000 Yen pro Kilogramm“, sagt Maeda. Das sind umgerechnet 50 Euro. Das hochwertigere sei mit umgerechnet 500 Euro pro Kilogramm gleich zehnmal so teuer.

Die Geschichte der Teekultur

In der Region Uji wird seit 800 Jahren Tee angebaut. Die Teekultur kam ursprünglich aus Indien über China nach Japan. Zunächst blieb der Genuss vor allem buddhistischen Mönchen vorbehalten. Die Verbreitung von Tee und den Impuls zum Anbau in Japan schreibt man dem Zen-Meister Eisai zu. Dieser soll im späten 12. Jahrhundert Teebaumsamen von einem Besuch in China in die frühere japanische Kaiserstadt Kyoto mitgebracht haben. In einem Buch „Wie man durch Teetrinken gesund bleibt“ regte er zum Genuss des Getränks an.

Einige der Teebaumsamen soll Eisai dem Mönch Myoe vom Tempel Kozanji bei Kyoto gegeben haben. Myoe wiederum gab welche an die Bauern in Uji zum Anbau weiter, weil er das Klima für gut geeignet hielt. Der Nebel aus den vielen Flüssen der Region hält die Pflanzen feucht und reduziert das Frost-Risiko. Während außerhalb Japans grüne Tees häufig aromatisiert genossen werden, bevorzugen Japaner grünen Tee pur, entweder Sencha-Tee (Teeblätter) oder Matcha (pulverisierte Grünteeblätter). Wer in Japan ein Lokal besucht, bekommt häufig kostenlos grünen Tee serviert.