Bosch-Personalchef Christoph Kübel im Interview Foto: factum/Weise

Mit interaktiver Grafik - Die Zahl der Berufstätigen, die wegen seelischer Erkrankungen fehlen, nimmt stark zu. Der Bosch-Konzern will nun gegensteuern und psychische Störungen aus der Tabuzone holen.

Stuttgart - Die Zahl der Fehltage wegen seelischer Erkrankungen hat nach Angaben der Deutschen Angestellten-Krankenkasse in Deutschland innerhalb von fünf Jahren um 77 Prozent zugenommen. Bosch will dieser Entwicklung jetzt in den eigenen Betrieben entgegentreten und seelisch belastete Mitarbeiter unter den 129 700 Beschäftigten in Deutschland frühzeitig unterstützen. Mit einer Betriebsvereinbarung, die an diesem Samstag in Kraft treten wird, will der Konzern dafür sorgen, dass in den Betrieben ein Netzwerk von Ansprechpartnern entsteht. Eine besondere Rolle spielen dabei die Führungskräfte. „Chefs, die bemerken, dass mit einem Mitarbeiter etwas nicht stimmt, tun sich oft schwer, das Thema anzusprechen“, sagte Bosch-Personalchef Christoph Kübel im Exklusiv-Interview der Stuttgarter Nachrichten.

Der Führungsstil hat einen enormen Einfluss auf das Ausmaß seelischer Erkrankungen

„Durch Schulungen wollen wir Vorgesetzten vermitteln, woran sie erkennen, dass sich ein Mitarbeiter möglicherweise in einer schwierigen Belastungssituation befindet, auf welche Weise sie ihn darauf ansprechen – und welche Unterstützung sie dem Mitarbeiter anbieten können.“ Zu dem Netzwerk sollen auch geschulte Arbeitnehmervertreter gehören, an die sich Betroffene für einen „vertraulichen Erstkontakt“ wenden können.

Kübel zufolge spielt der Führungsstil eine große Rolle für die Häufigkeit seelischer Erkrankungen. So mache es im Umgang mit erkrankten Mitarbeitern einen „großen Unterschied, ob der Vorgesetzte vorwurfsvoll fragt: Warum waren sie schon wieder krank? Oder ob er zu erkennen gibt, dass er sich über die Rückkehr des Mitarbeiters freut.“ Bei einem gesundheitsförderlichen Führungsstil dauere die Abwesenheit eines Arbeitnehmers bei seelischen Problemen im Durchschnitt 17 Tage, bei „weniger rücksichtsvoller Führung sind es 38 Tage“.