Erste Großkundgebung der Gegner nach Schlichtung: Am selben Abend kommt Kanzlerin Merkel.

Stuttgart - Am Samstagnachmittag werden über 25.000 Menschen zur ersten Großdemo gegen Stuttgart21 in diesem Jahr erwartet. Eine zweite, kleine Demo am Abend macht der Polizei größere Sorgen: Die Teilnehmer könnten zur Bundeskanzlerin im Mercedes-Museum ziehen.

Zwei Monate nach dem Ende der Schlichtung will das Aktionsbündnis gegen Stuttgart21 Flagge zeigen: "Wir wollen der Bahn und der Landesregierung zeigen, dass unser Widerstand und unser Protest nicht kleiner geworden sind", sagt Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis. Er erwartet mehr als 25.000 Demonstranten.

Stocker trifft Vereinbarungen mit Polizei

Der Blick der Projektgegner richte sich "klar auf die Landtagswahl" am 27.März, sagt Stocker. Hauptredner der Kundgebung ist der Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann (Grüne). Das Aktionsbündnis spreche sich nicht für die Wahl einer bestimmten Partei aus, betont SÖS-Stadtrat Stocker: "Allerdings raten wir von der Wahl der Tunnelparteien ab." Gemeint sind die Projektbefürworter von CDU und FDP.

Die Kundgebung beginnt um 14 Uhr vor dem Hauptbahnhof. Gegen 14.45 Uhr zieht die Menge über die Konrad-Adenauer-Straße, die Eberhardstraße und den Rotebühlplatz zurück zum Hauptbahnhof. Dort findet gegen 17Uhr die Abschlusskundgebung statt. Stocker und die Polizei haben erstmals vereinbart, dass die Ausfahrten der Tiefgaragen an der Kronenstraße (Kaufhof) und an der Schillerstraße (Schlossgarten-Garage) auch während des Umzugs kurzzeitig freigegeben werden. Das soll diejenigen Menschen entlasten, die am Samstag diesen Bereich der City mit dem eigenen Wagen ansteuern. "Es bringt uns nichts, wenn Autofahrer durch uns genervt sind", sagt Stocker.

Verkehrssituation bereitet Polizei Kopfzerbrechen

Um 16 Uhr beginnt in der Lautenschlagerstraße die landesweite Demo des sogenannten Bildungsstreiks. Es werden rund 1000 Teilnehmer erwartet. Die Menge zieht über die Kriegsbergstraße zum Hegel- und Rotebühlplatz und von da aus über die Eberhardstraße zum Marktplatz. Dort soll um 19 Uhr die Abschlusskundgebung stattfinden.

Während die Polizei und das Amt für öffentliche Ordnung die erste S-21-Demo als unproblematisch einschätzen - wenngleich in der City massive Verkehrsprobleme erwartet werden -, gilt die zweite Demo in Sicherheitskreisen als "problematisch". Als Veranstalter treten neben etablierten Größen auch "linksextremistische Gruppierungen" auf, sagt ein Kenner der Materie.

Verkehrssituation bereitet Polizei Kopfzerbrechen

Die größte Sorge der Sicherkräfte gilt deshalb dem gleichzeitigen Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Stuttgart. Sie wird am späten Nachmittag im Mercedes-Benz-Museum in Bad Cannstatt erwartet. Dort feiern geladene Gäste einen Festakt im Zeichen von "125 Jahre Erfinder des Automobils". Die Polizei rechnet damit, dass Demonstranten nach oder bereits während der genehmigten Veranstaltung in der Innenstadt zu Fuß oder per Bahn dorthin kommen könnten. In Internet-Foren wird bereits seit Tagen dazu aufgerufen. Zum Besuch der Kanzlerin sagt Amir Abdelaziz, einer der Bildungsstreik-Organisatoren: "Wir haben das zur Kenntnis genommen. Es wird spontan entschieden, was wir tun."

Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz vor. Mehrere Hundert Beamte aus ganz Baden-Württemberg werden in Stuttgart zusammengezogen. "Wir müssen mit allem rechnen und werden auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein", sagt Polizeisprecher Olef Petersen. Details zum Zeitplan und Anreiseweg der Bundeskanzlerin werden deshalb streng vertraulich behandelt - für deren direkten Schutz ist ohnehin das Bundeskriminalamt zuständig.

Kopfzerbrechen bereitet Polizei und Ordnungsamt auch die Verkehrssituation rund um die Demonstrationen. "Es wird mit Sicherheit bis in die Abendstunden hinein zu erheblichen Behinderungen kommen", sagt Polizeisprecher Petersen. Es sei allen Besuchern der Innenstadt am Samstag dringend zu raten, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Was außer Stau noch zu erwarten ist, muss sich erst noch zeigen.