Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller: Seit zehn Jahren an der Spitze des Unternehmens Foto: dpa

Der Maschinenbauer Trumpf schafft das Kunststück, sich grundlegend zu wandeln und nebenbei Rekorde einzufahren. Unrentables wird abgestoßen, in Zukunftsfelder wird investiert. Jetzt will man zum Industrie-Dienstleister im IT-Bereich werden.

Die Geschäftszahlen

„Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man genug Geld hat“, sagt Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller. Auch für Trumpf trifft dieser Satz ins Schwarze. Das Familienunternehmen hat zum Ende der letzten Geschäftsjahres (Stichtag: 30. September) ein Eigenkapitalpolster von knapp 1,4 Milliarden Euro angesammelt und kann seine Geschäfte nahezu unabhängig von Banken verfolgen. Und der Gewinn schießt seit zwei Jahren förmlich in die Höhe. Nach einem Plus beim Vorsteuerergebnis von 61 Prozent im vorletzten Jahr schlug 2014/15 noch einmal ein Plus von 44 Prozent zu Buche. 357 Millionen Euro sprudelten in die Kassen. Unter dem Strich blieben dem Werkzeugmaschinenbauer 271 Millionen Euro. Die Gewinnsituation mache „regelrecht Freude“, sagt Leibinger-Kammüller.

Auch die Umsatzrendite ist im letzten Geschäftsjahr angestiegen – auf 13,1 Prozent. Allerdings fließt hier der Verkauf der Trumpf-Medizintechniksparte mit ein. Aber auch ohne diesen Effekt machte das Unternehmen aus jedem Euro Umsatz etwas mehr als zehn Cent Gewinn und lag damit sogar etwas über den eigenen Zielvorstellungen. Auch beim Umsatz stand 2014/15 ein Rekord an. Die Verkäufe von Werkzeugmaschinen zum Schneiden, Stanzen und Biegen zogen wertmäßig um 5 Prozent auf gut 2,7 Milliarden Euro an. Die Auftrageingänge kletterten sogar auf gut 2,8 Milliarden Euro. Für die kommenden Monate ist man aufgrund „schwelender geopolitischer Unsicherheiten“ verhalten optimistisch, was ein Wachstum im „einstelligen Prozentbereich bedeuten könnte, wie es hieß.

Die Laser-Technologie

Trumpf ist weltweit einer der besten Hersteller von Lasern, die als Schneidwerkzeuge im Industriebereich eingesetzt werden. Seit Jahren gehört der von Peter Leibinger verantwortete Unternehmensbereich zu den am schnellsten wachsenden Einheiten von Trumpf. Im vergangenen Geschäftsjahr legten die Umsätze hier um 17 Prozent auf 890 Millionen Euro zu. Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht, zumal sich Trumpf schon für den nächsten technologischen Quantensprung in Stellung gebracht hat. Ab 2017, so die internen Prognosen, wird eine neue Laser-Generation (EUV) die Serienfertigung von Mikrochips revolutionieren, da sie die Miniaturisierung von Schaltkreisen entscheidend vorantreiben wird.

Im EUV-Bereich kooperiert Trumpf schon heute mit dem Optik-Spezialisten Zeiss aus Oberkochen und dem niederländischen Maschinenausrüster-ASML. Jetzt soll das Geschäft massiv ausgebaut werden. Am Stammsitz investieren die Ditzinger 70 Millionen Euro in ein neues Forschungs- und Fertigungszentrum. 100 Millionen Euro Umsatz macht man aktuell mit der Technologie. Die große Unbekannte ist, wie schnell sich das Laserverfahren im Industriemaßstab bewährt. Sobald der erste große Chiphersteller seine Produktion umstellt, „wird es einen Ansturm auf EUV geben“, prophezeit Peter Leibinger. In fünf bis acht Jahren soll der Trumpf-Umsatz hier 500 Millionen Euro betragen.

Die Industrie-4.0-Strategie

Industrieproduktion beruht immer noch auf sogenannten Insellösungen. Die Wertschöpfung findet vom Rohstoff bis zum Endprodukt in Etappen statt, die dürftig oder gar nicht koordiniert sind. Das gilt auch für die Fertigung innerhalb von Unternehmen. Hier wird oft wichtige Zeit verschenkt, weil Mitarbeiter A nicht weiss, was Mitarbeiter B schon erledigt hat oder IT-Systeme nicht gekoppelt sind. Trumpf will das Problem lösen, indem es in Zukunft Software anbietet, die Industrieprozesse komplett vernetzt. „Wir wagen uns als Maschinenbauer hiermit erstmals in unserer 90-jährigen Geschichte an ein ganz anderes Geschäftsmodell. Es ist ein radikaler Schritt in Richtung Smart Factory“, sagt Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller.

Zu diesem Zweck hat Trumpf in Karlsruhe das Tochterunternehmen Axoom gegründet, das Anfang Oktober mit 22 Mitarbeitern seine Arbeit aufgenommen hat. Im Moment laufen Pilotprojekte mit einzelnen Kunden, die die Trumpf-Ideen testen und weiterentwickeln. Um schneller, flexibler und besser zu werden, habe man sich bislang meist auf den Produktionsprozess einer Maschine fokussiert, sagt Trumpf-Werkzeugmaschinen-Chef Mathias Kammüller. Ziel sei es nun, alle Prozesse zu betrachten. Optimierung von der Wiege bis zur Bare sozusagen.

Das Ziel ist klar: Alle Studien versprechen sich aus entsprechenden Industrie-4.0-Szenarien Produktivitätsfortschritte von 30 Prozent in den kommenden Jahren. Das will auch Trumpf erreichen.

Batterien und 3D-Drucker

In den vergangenen zwei Jahren ist Trumpf auf Einkaufstour gegangen und hat sich für mehr als 100 Millionen Euro Unternehmen einverleibt oder sich an ihnen beteiligt. Durch den Spektakulären Kauf des chinesischen Werkzeugmaschinenherstellers JFY ist Trumpf im größten Werkzeugmaschinenmarkt der Welt zum größten Anbieter von Standardmaschinen geworden. Außerdem standen Hersteller von Hochleitungsoptiken für die Laserproduktion sowie Softwarehäuser auf der Einkaufsliste der Ditzinger. In einem wenige Monate alten Gemeinschaftsunternehmen mit dem Konkurrenten Sisma treibt Trumpf zudem die Entwicklung von 3D-Druckern für Industriezwecke voran. Erste Produkte sollen noch 2015 auf den Markt kommen. Im Zuge verstärkter Aktivitäten im Software- und Elektronikbereich steigt man zudem in den Bau von Steuerungssoftware für große, stationäre Stromspeicher, sogenannte Redux-Flow-Batterien, ein. Allein hier investiere man „einige Millionen“, sagte Peter Leibinger.

Die Arbeitnehmer

Erstmals beschäftigte Trumpf 2014/15 mehr Mitarbeiter im Ausland als im Inland. Während die Zahl der Werker hierzulande leicht auf 5413 sank, stieg sie anderswo auf 5460. Auch geforscht wird zusehends in den Auslandsmärkten. Allerdings stellt Trumpf-Geschäftsführer Mathias Kammüller klar, dass „die Produktion in der EU nicht in Frage gestellt“ wird. „Wenn der Markt wächst, wächst die Produktion in Deutschland mit“, sagt er. Auch vier Flüchtlinge hat Trumpf schon eingestellt. Und es sollen deutlich mehr werden. Allerdings werde man planvoll vorgehen, hieß es. Auch an die Aufnahme von Lehrlingen ist gedacht.