Pressenproduktion bei Schuler in Göppingen – Am Standort werden keine Jobs abgebaut. Foto: dpa

Der weltgrößte Hersteller von Industriepressen streicht die Produktion am Standort Deutschland zusammen. Die Zahl der Produktionswerke wird fast halbiert. 450 Mitarbeiter sind betroffen.

Göppingen - Die Umstrukturierungen beim Göppinger Weltmarktführer für Industriepressen Schuler haben erneut Auswirkungen auf die Arbeitsplätze.

Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, würden neue Pressen in Zukunft nur noch am Göppinger Stammsitz und im Erfurter Werk hergestellt. Dort erfolgen auch Neuinvestitionen in Millionenhöhe. Die Produktion an den Baden-Württembergischen Standorten Weingarten und Waghäusel sowie in Netphen in Nordrhein-Westfalen werde dagegen geschlossen. Erhalten bleiben dort nur noch Verwaltungsfunktionen sowie beispielsweise Ingenieursdienstleistungen. Die frei werdenden Flächen sollen mittelfristig „vermietet oder veräußert werden“, sagte ein Schuler-Sprecher unserer Zeitung. Die Schuler-Werke im bayrischen Heßdorf und in Gemmingen bei Heilbronn sind von den aktuellen Umwälzungen nicht betroffen.

Von den konzernweit 5400 Jobs sollen dennoch insgesamt 450 wegfallen – 360 davon an den baden-württembergischen Standorten Waghäusel und Weingarten. Der Abbau solle „soweit wie möglich sozialverträglich“ geschehen, teilte Schuler mit – etwa durch Wechsel in andere Bereiche, Altersteilzeit oder freiwillige Aufhebungsvereinbarungen. Die Bevollmächtigte der Göppinger IG-Metall, Renate Gmoser, äußerte Zweifel, ob auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden könne. Der Wechsel an andere Konzernstandorte sei allein aufgrund der großen Distanzen für viele Mitarbeiter nicht möglich. „ Das wird eine sehr große Herausforderung“, sagte sie.

Bereits vor gut zwei Jahren hatte Schuler – Umsatz 2014 rund 1,2 Milliarden Euro – im Rahmen des Programms „Zusammenwachen 2.0“ angekündigt, 350 Arbeitsplätze abzubauen – eine Zahl die dem Vernehmen nach mit aktuell „über 400 Stellen“ sogar übertroffen wird.

2009 wurde Schuler durch eine Landesbürgschaft gerettet

Der stark von der Automobilindustrie abhängige Schuler-Konzern, der seit 2012 im Besitz des österreichischen Industriekonzerns Andritz ist, kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. 2007 übernahm Schuler den Pressen-Konkurrenten Müller-Weingarten – ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, denn wenig später brachte die Wirtschafts- und Finanzkrise den Absatz auf Talfahrt. 2009 konnte nur eine 20 Millionen Euro schwere Landesbürgschaft das Überleben des Pressen-Spezialisten sichern. Es folgten zwei Jahre mit roten Zahlen. Der im Herbst 2010 berufene Schuler-Chef Stefan Klebert reagierte, beendete einen teuren Ausflug in die Windrad-Branche und verschlankte die Organisation des 1839 gegründeten Unternehmens. Verwaltungsaufgaben wurden gebündelt, der Vorstand verkleinert und neue Geschäftsfelder im Luftfahrt-, Eisenbahn- und Energiebereich aufgetan. Mit den neuen Geschäften verabschiedete sich Schuler auch von Teilen der Eigenproduktion und begann aus Kostengründen vermehrt Teile zuzukaufen.

Eine grundsätzliche Neuorganisation der Produktionsstandorte blieb damals allerdings aus – ein Schritt, den der Vorstand nun offenbar nachholt. Nach Unternehmensangaben sollen die Maßnahme rund 55 Millionen Euro kosten. Die anfallenden Rückstellungen werden den Jahresgewinn der Göppinger unter Druck setzen . Eigentlich sollte der operative Schuler-Gewinn 2015 leicht über dem Vorjahreswert von gut 102 Millionen Euro liegen – ein Wert der sich durch die jetzige Millionen-Rückstellung wohl nicht halten lassen wird. Allerdings sollen die Kosten durch die Neustrukturierung um 30 bis 35 Millionen Euro jährlich sinken. Konzernchef Klebert betonte, Schuler stehe „heute finanziell gesund da“.