Die Freude in den Augen der Kinder motiviert den Bürgerverein genug. Foto: dpa

Seit 23 Jahren gibt es den Martinszug. Für Stefanie Leonberger ist es die Premiere als Reiterin.

Heumaden - Jedes Jahr wieder wird der schöne Mantel in zwei Teile zerschnitten. Dass die Kosten für das wertvolle Kleidungsstück den Bürgerverein irgendwann in den Ruin treiben und es deshalb keinen Martinsritt mehr gibt, muss aber niemand befürchten: „Der Mantel ist gut präpariert, mit einem Klettverschluss“, sagt Britta Reißer und lacht. Zum 23. Mal veranstaltet der Bürgerverein Heumaden, dem sie vorsitzt, am Sonntag den Martinsritt im Stadtteil.

Reißer selbst hat in ihrem Leben noch keinen der 23 Ritte mit Martinsspiel verpasst. Seit acht Jahren wirkt sie aktiv mit. „Zweimal habe ich selbst den Bettler gespielt, und seit sechs Jahren lese ich die Geschichte zum Martinsspiel vor“, erzählt die 30-Jährige. Der Sankt Martin, Dritter im Bunde und natürlich die Hauptperson neben Bettler und Vorleser im Martinsspiel, das nach dem Laternenumzug aufgeführt wird, ist immer ein Reiter vom Ponyhof Müller in Ostfildern, jedes Jahr aber ein anderer. Diesmal hat Stefanie Leonberger ihre Premiere in Heumaden als – nun ja – Heilige Martina.

Das Reiten beherrscht die 18-Jährige aus Filderstadt aus dem Effeff. Zur Sicherheit wird ihr eigener Wallach Rübezahl ihr galoppierender Untersatz sein – die beiden sind ein eingespieltes Team. Denn für die Tiere ist der Martinsritt mit dem großem Feuer auf dem Heumadener Dorfplatz keine Kleinigkeit. „Die Pferde sind oft nervös“, sagt Leonberger. Passiert sei ihr aber noch nie etwas. Die wirkliche Premiere ist nämlich nur der Ort, verrät die 18-Jährige. Bei anderen Martinsritten habe sie schon das ein oder andere Mal die Hauptperson spielen dürfen. Ihr gefällt besonders, dass die Kinder sich immer freuen. „Das ist toll“, sagt Leonberger.

Die Botschaft kommt an

Das ist für den Bürgerverein Anlass genug, den Martinsritt aufrechtzuerhalten, auch wenn der Aufwand für die Helfer nicht zu unterschätzen sei, sagt Britta Reißer. Mit der Resonanz sei der Verein sehr zufrieden. „Es werden jedes Jahr mehr Besucher“, sagt die Vorsitzende. Für sie sei die Veranstaltung alle Jahre wieder etwas besonderes. „Es ist einfach schön, wenn es dunkel und kalt ist. Das stimmt auf die ruhige Jahreszeit ein“, sagt sie.

Die Geschichte von Sankt Martin kennt die Vorleserin bestens. Martin von Tours war ein ungetaufter römischer Soldat, der im vierten Jahrhundert nach Christus lebte. Als Gardeoffizier erlebte er die Nacht, die sein Leben verändern sollte: An einem bitterkalten Wintertag ritt er auf das Stadttor zu, ein unbekleideter Bettler bat dort um Hilfe. Alle zogen an ihm vorbei, nur Martin teilte seinen Mantel mit dem Schwert in zwei Hälften und rettete dem Bettler das Leben. Von da an wusste er, dass sich sein Leben verändert hatte. Er verließ die Armee und wurde Mönch. Einige Jahre später ließ er sich taufen und wurde schließlich Bischof von Tours.

An ein Jahr als Vorleserin werde sie sich noch lange erinnern, erzählt Britta Reißer. Damals habe sie einfach eine Seite vergessen. „Die Eltern haben es nicht gemerkt, aber dafür viele Kinder“, sagt sie und grinst. Ihr Fauxpas ist jedenfalls ein Beweis, dass es sich lohnt. Die Kinder kennen die Geschichte, und die Botschaft kommt bei ihnen an. Und auch die Helfer nehmen die Botschaft am Ende des Abends sehr ernst, sagt Britta Reißer. „Wir teilen uns nämlich am Ende den restlichen Glühwein.“

SANKT-MARTINS-FEIERN IN DEN BEZIRKEN UNTERM FERNSEHTURM

Sillenbuch
Der Martinsritt in Heumaden ist am Samstag, 10. November. Ab 16 Uhr kann man sich mit Punsch und Essen stärken. Um 17 Uhr setzt sich der Umzug in Bewegung.

Die Martinsfeier von Sankt Michael ist am nächsten Sonntag um 18 Uhr. Einem Schattenspiel in der Kirche, Kleinhohenheimer Straße, folgt ein Laternenumzug.

Plieningen
Einen ökumenischen Martinstag begehen die Kirchengemeinden in Plieningen am Samstag. Ab 17 Uhr zieht der Laternenzug von der evangelischen Steckfeldkirche, Steinwaldstraße 2, zur katholischen Kirche Sankt Antonius , Paracelsusstraße 87. Dort gibt es eine Martinsfeier.

Um 17.30 Uhr beginnt am Sonntag der Martinsumzug des Bürgervereins Plieningen. Von der Metzgerei Schumacher geht der Zug zum Mönchhof. Dort gibt es Programm, Punsch und Brezeln.

Degerloch
Alle Kinder und ihre Eltern sind am Sonntag zum Sankt-Martins-Spiel um 17 Uhr auf dem Agnes-Kneher-Platz eingeladen. Anschließend ziehen Groß und Klein mit ihren Laternen gemeinsam zur Mariä-Himmelfahrt-Kirche.

Birkach
Um 17 Uhr beginnt am Sonntag die Sankt-Martins-Veranstaltung der evangelischen Kinderkirche in der Franziskakirche, Alte Dorfstraße 47. Anschließend ziehen die Kinder mit ihren Laternen und dem Posaunenchor Birkach über die Felder. Der Umzug endet im Kirchhof mit Tee und Knabbereien.