Das Markus Geiselhart Orchestra. Foto: Alexander Miksch

Das Markus Geiselhart Orchestra beweist in der Ludwigsburger Karlskaserne, dass eine klassische Bigband höchst zeitgenössische Musik machen kann.

Ludwigsburg - Dass es im Nachkriegsdeutschland Bigbands wie die von Max Greger oder Hugo Strasser waren, die sozusagen die musikalische Grundversorgung übernommen hatten - wobei die Grenzen zwischen Tanzmusik und Jazz fließend waren –, dürfte einiges zum konservativen Image der Bigband beigetragen haben. Waren ihre Vorbilder, also Count Basie, Duke Ellington oder Glenn Miller, stilistisch noch auf der Höhe ihrer Zeit, so blieben deren Nachfolger auch dann noch größtenteils dem gepflegten Swing verhaftet, als sich der Jazz schon längst dramatisch weiterentwickelt hatte. Das Konzert in der Reithalle der Karlskaserne mit dem Markus Geiselhart Orchestra war nun ein Beweis dafür, dass sich mit einer klassischen Bigbandbesetzung höchst zeitgenössische Musik machen lässt, ohne dabei die Tradition gänzlich zu verleugnen.

Schon im vorigen Jahr gastierte der in Fellbach geborene Posaunist und Bandleader Geiselhart im Rahmen der Ludwigsburger Schlossfestspiele mit dem Don Ellis Tribute Orchestra, damals mit dem Wiener Trompeter Thomas Gansch. Auch die Mitglieder seines Orchesters hat sich Geiselhart aus der Wiener Jazzszene herausgepickt und konnte - der Festspieletat macht’s möglich - als special Guest noch die amerikanische Posaunenlegende Ray Anderson verpflichten.

Geiselhart und der gewisse Groove

Die Stücke des Abends stammten bis auf zwei von Geiselhart selbst, der mit seinem Vorbild Don Ellis die Vorliebe für komplexe Rhythmen teilt. Geiselhart verarbeitet dabei verschiedene Einflüsse zu einer sehr eigenständigen Musik, beispielhaft zu hören im ersten Stück des Abends, „My Instrument is the Orchestra“. Schneidende Fanfaren gemahnen an Gladiatorenfilme, quasi-orchestrale Arrangements an modernen Bigbandstil à la Maria Schneider, dazwischen gibt es die Möglichkeit zur Improvisation. Bemerkenswert ist, dass Geiselharts Stücke bei aller Komplexität – permanente Taktwechsel! – niemals akademisch klingen, sondern immer einen gewissen Groove bewahren: Musik, die Kopf und Herz gleichermaßen anspricht und schlicht Laune macht.

Solistisch stand an diesem Abend natürlich Ray Anderson im Mittelpunkt. Der New Yorker ist ein ebenso begnadeter Posaunenvirtuose wie verspielter Kindskopf, dessen permanente Aufgekratztheit auch nerven könnte, aber zum Glück durch einige mitreißende Soli von Geiselharts Bandkollegen im Zaum gehalten wurde. Vor allem der Gitarrist Martin Koller konnte sich dabei als herausragend innovativer Vertreter seiner Spezies profilieren. Geiselhart moderierte so unterhaltsam wie hemdsärmelig sympathisch, und so ging der Abend in der voll besetzen Reithalle wie im Fluge vorüber. Einziger Wermutstropfen blieb der zu laute und harte Sound der Verstärkung: die konnte den farbenreichen Klang der Band nur andeutungsweise abbilden. Schade.